Samstag, 27. Dezember 2014

29.11.2014 AFC Bournemouth vs Millwall FC 2:2

Nach der erfolgreichen Tour im vergangenen Jahr sollte es mal wieder etwas dauern, bis es auf die Insel gehen konnte. Gründe sind vielfältig, aber auch völlig Wurst. Wie dem auch sei. Das Ziel sollte in diesem Jahr Bournemouth heißen und damit es sich lohnt, wurde gleich noch 'ne Nacht im besagtem Küstenort dran gehängt. Samstagmorgens traf sich also die 9-köpfige Reisegruppe „You want some?!“ am Bahnhof Waterloo und schon kamen meinem Begleiter aus dem Frankfurter Nachbarort Zweifel auf, ob das wirklich gut geht. „Also ich glaub', mit der Truppe gibt's irgendwo 'ne Hauerei oder jemand landet im Knast.“ Nun ja, die Zweifel waren irgendwie berechtigt.Aber dazu später mehr.

Die Fahrt an die Küste verlief dank alkoholischer Getränke und des damit verbundenen Niveauverfalls recht zügig, während an uns die ziemlich nette Landschaft Südenglands vorbei zog. Ich muss schon sagen, die Region ist wirklich unheimlich schön. Da könnte ich mir meine letzten Tage gut vorstellen. Wie ich zusammen mit meinem Irisch Setter im Range Rover Defender den Golfplatz meines Nachbarn beacker' und nach getaner Arbeit auf meiner Veranda mit einem Glas Whiskey entspanne, während der englische Landadel fluchend versucht, das zerstörte „Green“ wieder in den Normalzustand zu bekommen. Aber bis dahin werden noch einige Golfbälle in die künstlich angelegten Teiche fliegen. Nicht weniger als zwei Stunden später konnte uns das beliebte Seebad in der Grafschaft Dorset auch endlich als seine Gäste begrüßen. Ob nun gewollt oder ungewollt. Aber nach dem bereits Leeds in den 80ern einen üblen Auftritt in der Stadt hatte, kann man das eigentlich auch nur mit einer riesigen Horde ISIS-Milizen toppen. Als wir dann unser Hotel gefunden hatten, wurde in uns auch der Eindruck erweckt, als hätte gerade eine Horde aus Leeds den Teppich vollgekotzt. Der schmierige Pakistani an der Rezeption verbesserte den Gesamteindruck auch nicht unbedingt. Aber, wie sagte unser Kumpel John so treffend: „Wenn wir heute Abend wieder hier hinein kommen, interessiert euch das einen Scheißdreck.“ Recht hat er..

 

Kurz darauf standen wir schon vor dem ersten Pub des Tages, der doch tatsächlich noch geschlossen hatte; zwei Runden um den Block später saßen wir dann doch endlich als erste Gäste in dem Laden. Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell sich diese Kneipen füllen. Vollkommen egal um welche Uhrzeit.Gesellschaftlich anerkannter Alkoholismus. So lief es nun wie bei so vielen Spielen in der Vergangenheit. Das Bier schmeckt immer besser und die Stimmung steigt. Just in dieser Zeit betrat eine recht attraktive Dame und ihr Dackel den Laden. Die Art und Weise, wie der jungen Frau hinterher gegafft wurde, war so offensichtlich, dass sie sich irgendwann veranlasst sah, mal nach unserem Befinden zu fragen. Den Vogel schoss in diesem Moment der Brasilianer in unserer Reisegruppe ab: „We look just at your dog.“ Situationskomik. Muss man dabei gewesen sein.

Ebenfalls standesgemäß wurden kurz vor der Angst zwei Taxis geordert und nach einer kleinen Stadttour sogar rechtzeitig das Stadion betreten. Selbiges war nun nicht gerade die Krönung britischer Stadionarchitektur, aber für diesen Verein durchaus ausreichend. Keiner muss im Regen stehen, die Sicht passt, und wenn man tatsächlich mal singt, stimmt auch die Akustik. Ich wiederhole: wenn! Denn weder von Seiten der Gastgeber, noch seitens der Gäste wurde das vorhandene Potential wirklich ausgeschöpft. Irgendwie schade. Ich glaube, seit Bristol vor ein paar Jahren hab ich nie wieder eine dermaßen gute Stimmung bei einem Millwall Spiel erlebt wie damals. Immerhin konnte diesmal sogar das Spiel überzeugen. Ich war ja relativ sicher, den Ground wieder zur Halbzeit zu verlassen, 'ne Kneipe oder einfach den Strand aufzusuchen. Aber da der Manager diesmal nicht am Start war und der Rest meiner Begleiter wirklich alles bis zum Ende gucken, blieb ich eben auch bis zum Schluss. Und es sollte sich lohnen. Gut, die erste Halbzeit war schon echt ein Fall für den Pub, schossen doch die Hausherren gleich mal zwei Tore und irgendwie schien bereits alles entschieden. In Hälfe Zwei sollte es aber doch noch recht spannend werden. Als hätten beide Mannschaften komplett ausgetauscht, war nun Millwall die spielbestimmende Mannschaft mit gutem Zug zum Tor, während Bournemouth gar nichts mehr auf die Rehe bekam. So schaffte Millwall den verdienten Anschlusstreffer und kurz vor Schluss sogar den Ausgleich. Den Hausherren in der letzten Minute den sicher geglaubten Sieg zu entreißen hat immer Klasse. Der Gästepöbel war nun nochmal gut am feiern. Schade, dass so was nicht das ganze Spiel klappt. Stattdessen kommen wöchentlich neue Videos ins Netz von Fans der unterschiedlichsten Vereine, die sich an den Catering-Ständen betrinken und abfeiern. Finde ich zwar grundsätzlich gut, aber warum klappt das nur hinter den Blöcken?






Mit dem Schlusspfiff zog sich unsere Truppe auch direkt und ohne Komplikationen zurück ins Hotel, um noch etwas Energie für den bevorstehenden Abend im Nachtleben von Bournemouth zu tanken. Dieses war wiederum etwas enttäuschend. Zumindest nach deutschen Maßstäben. Zunächst begann der Abend im ersten Pub recht gut. Ein ziemlich volles Teenie-Weib begann, die vor dem Laden anwesende Türsteher und Bullen mit Küsschen einzudecken, klaute einem Bullen den Helm und als ihr männlicher Begleiter anfing, den Bullen zu unterstellen, dass sie kleine Beulen im Schritt hätten, fing sie an, mit geöffnetem Mund auf die „angeblichen“ Erektionen der Staatsdiener zuzugehen. Anstatt seine Freundin zu belehren, feierte der Typ seine Alte auch noch ab. Solche Nummern scheint es echt nur in Großbritannien zu geben. Schlussendlich landeten wir in so 'ner Art Sports-Bar mit Party Mucke und Dancefloor. Erinnerte eher an Malle. Mein Fall war es nicht, dem Kameraden aus OF schien es auch nicht so zu gefallen. Also hielten wir es wie die Engländer und betranken uns zu zugegebener Maßen sehr humanen Preisen. Als der Abend dann tatsächlich irgendwann an Fahrt aufnahm, die Weiber und Kerle ihre Hemmungen fallen ließen und wir uns mit dem Malle-Niveau abgefunden hatten, war der Tag auch schon gelaufen. Die Befürchtungen, die der Offenbacher noch am Morgen äußerte, sollten sich nun bewahrheiten. Nachdem schon der ganze Tag im Zeichen des „Wealdstone Raiders“ stand und dessen Zitat „ You want some?“ in so ziemlich jedes Gespräch einfloss, nahm unser Freund Jack das ganze etwas zu ernst und griff einem Frechdachs etwas lieblos ins Gesicht. Vor dem Laden wiederholte sich die ganze Prozedur offenbar nochmals und die Herren von der lokalen Exekutive bescherten unserm Freund eine etwas teurere Herberge. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war er nur einer von knapp 60 anderen Inhaftierten an diesem Abend. Stolze Zahl für eine Stadt dieser Größe. Für den Rest war der Abend nun leider gelaufen, den weiter zusaufen während einer der unsrigen im Knast sitzt war nun auch irgendwie blöd. Daher Taxi gestoppt und im Hotel noch einen letzten Drink genommen bevor es in die Kiste ging. 



Der relativ zeitige Abgang am Vorabend eröffnete mir direkt neue Möglichkeiten am Sonntagmorgen. Frühes Aufstehen, verhältnismäßig geringe Kopfschmerzen und eine kurze Distanz zum Meer ermöglichten mir doch noch zwei angenehme Stunden am Strand von Bournemouth. Und das Ende November, bei herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen. Angeblich gehört die Stadt zu den beliebtesten Regionen auf der Insel mit direktem Zugang zum Meer. Ich kann es nachvollziehen. Wobei ich hier trotzdem keinen Urlaub machen wollen würde, wenn der Strand voll mit Menschen ist.

Zum Mittag hin ging's für uns schon wieder zurück nach London. Ursprünglich wollten wir etwas früher losfahren und uns noch Tottenham vs. Everton ansehen, die Kosten für die Umbuchung der Zugtickets hätten allerdings den Kosten – Nutzen Faktor bei Weitem überschritten und so zogen wir eben ein paar Stunden und Biere in Bournemouth vor. Unser Knasti wurde auch erst entlassen, als wir bereits in London Waterloo im Pub standen, also blieb uns nichts anderes übrig, als die kommenden 4 Stunden in diversen Gasthäusern zu hausieren, bis der Gute wieder bei uns war. Gehört sich ja so. Entsprechend zügig hatten wir wieder einen kleben. Gegen 21 Uhr hatten wir auch unser Inhaftierten wieder und konnten endlich unser Gemächer in Belvedere beziehen. Nach einer viel zu kurzen Nacht war auch schon wieder Rückflug angesagt und ein amüsantes Wochenende nahm sein Ende. Auf ein baldiges Wiedersehen....