Nach der erfolgreichen Tour im vergangenen Jahr sollte es mal
wieder etwas dauern, bis es auf die Insel gehen konnte. Gründe sind vielfältig,
aber auch völlig Wurst. Wie dem auch sei. Das Ziel sollte in diesem Jahr
Bournemouth heißen und damit es sich lohnt, wurde gleich noch 'ne Nacht im
besagtem Küstenort dran gehängt.
Samstagmorgens traf sich also die 9-köpfige Reisegruppe „You
want some?!“ am Bahnhof Waterloo und schon kamen meinem Begleiter aus dem
Frankfurter Nachbarort Zweifel auf, ob das wirklich gut geht. „Also ich glaub',
mit der Truppe gibt's irgendwo 'ne Hauerei oder jemand landet im Knast.“ Nun
ja, die Zweifel waren irgendwie berechtigt.Aber dazu später mehr.
Die Fahrt an die Küste verlief dank alkoholischer Getränke und
des damit verbundenen Niveauverfalls recht zügig, während an uns die ziemlich
nette Landschaft Südenglands vorbei zog. Ich muss schon sagen, die Region ist
wirklich unheimlich schön. Da könnte ich mir meine letzten Tage gut vorstellen.
Wie ich zusammen mit meinem Irisch Setter im Range Rover Defender den Golfplatz
meines Nachbarn beacker' und nach getaner Arbeit auf meiner Veranda mit einem
Glas Whiskey entspanne, während der englische Landadel fluchend versucht, das
zerstörte „Green“ wieder in den Normalzustand zu bekommen. Aber bis dahin
werden noch einige Golfbälle in die künstlich angelegten Teiche fliegen.
Nicht weniger als zwei Stunden später konnte uns das beliebte
Seebad in der Grafschaft Dorset auch endlich als seine Gäste begrüßen. Ob nun
gewollt oder ungewollt. Aber nach dem bereits Leeds in den 80ern einen üblen
Auftritt in der Stadt hatte, kann man das eigentlich auch nur mit einer
riesigen Horde ISIS-Milizen toppen. Als wir dann unser Hotel gefunden hatten,
wurde in uns auch der Eindruck erweckt, als hätte gerade eine Horde aus Leeds
den Teppich vollgekotzt. Der schmierige Pakistani an der Rezeption verbesserte
den Gesamteindruck auch nicht unbedingt. Aber, wie sagte unser Kumpel John so
treffend: „Wenn wir heute Abend wieder hier hinein kommen, interessiert euch
das einen Scheißdreck.“ Recht hat er..

Kurz darauf standen wir schon vor dem
ersten Pub des Tages, der doch tatsächlich noch geschlossen hatte; zwei Runden
um den Block später saßen wir dann doch endlich als erste Gäste in dem Laden.
Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell sich diese Kneipen füllen.
Vollkommen egal um welche Uhrzeit.Gesellschaftlich anerkannter Alkoholismus. So
lief es nun wie bei so vielen Spielen in der Vergangenheit. Das Bier schmeckt
immer besser und die Stimmung steigt. Just in dieser Zeit betrat eine recht
attraktive Dame und ihr Dackel den Laden. Die Art und Weise, wie der jungen
Frau hinterher gegafft wurde, war so offensichtlich, dass sie sich irgendwann
veranlasst sah, mal nach unserem Befinden zu fragen. Den Vogel schoss in diesem
Moment der Brasilianer in unserer Reisegruppe ab: „We look just at your dog.“
Situationskomik. Muss man dabei gewesen sein.
Ebenfalls standesgemäß wurden kurz vor der Angst zwei Taxis
geordert und nach einer kleinen Stadttour sogar rechtzeitig das Stadion
betreten. Selbiges war nun nicht gerade die Krönung britischer
Stadionarchitektur, aber für diesen Verein durchaus ausreichend. Keiner muss im
Regen stehen, die Sicht passt, und wenn man tatsächlich mal singt, stimmt auch
die Akustik. Ich wiederhole: wenn! Denn weder von Seiten der Gastgeber, noch
seitens der Gäste wurde das vorhandene Potential wirklich ausgeschöpft.
Irgendwie schade. Ich glaube, seit Bristol vor ein paar Jahren hab ich nie
wieder eine dermaßen gute Stimmung bei einem Millwall Spiel erlebt wie damals.
Immerhin konnte diesmal sogar das Spiel überzeugen. Ich war ja relativ sicher,
den Ground wieder zur Halbzeit zu verlassen, 'ne Kneipe oder einfach den Strand
aufzusuchen. Aber da der Manager diesmal nicht am Start war und der Rest meiner
Begleiter wirklich alles bis zum Ende gucken, blieb ich eben auch bis zum
Schluss. Und es sollte sich lohnen. Gut, die erste Halbzeit war schon echt ein Fall
für den Pub, schossen doch die Hausherren gleich mal zwei Tore und irgendwie
schien bereits alles entschieden. In Hälfe Zwei sollte es aber doch noch recht
spannend werden. Als hätten beide Mannschaften komplett ausgetauscht, war nun
Millwall die spielbestimmende Mannschaft mit gutem Zug zum Tor, während
Bournemouth gar nichts mehr auf die Rehe bekam. So schaffte Millwall den
verdienten Anschlusstreffer und kurz vor Schluss sogar den Ausgleich. Den
Hausherren in der letzten Minute den sicher geglaubten Sieg zu entreißen hat
immer Klasse. Der Gästepöbel war nun nochmal gut am feiern. Schade, dass so was
nicht das ganze Spiel klappt. Stattdessen kommen wöchentlich neue Videos ins
Netz von Fans der unterschiedlichsten Vereine, die sich an den Catering-Ständen
betrinken und abfeiern. Finde ich zwar grundsätzlich gut, aber warum klappt das
nur hinter den Blöcken?
Mit dem Schlusspfiff zog sich unsere Truppe auch direkt und ohne
Komplikationen zurück ins Hotel, um noch etwas Energie für den bevorstehenden
Abend im Nachtleben von Bournemouth zu tanken. Dieses war wiederum etwas
enttäuschend. Zumindest nach deutschen Maßstäben. Zunächst begann der Abend im
ersten Pub recht gut. Ein ziemlich volles Teenie-Weib begann, die vor dem Laden
anwesende Türsteher und Bullen mit Küsschen einzudecken, klaute einem Bullen
den Helm und als ihr männlicher Begleiter anfing, den Bullen zu unterstellen,
dass sie kleine Beulen im Schritt hätten, fing sie an, mit geöffnetem Mund auf
die „angeblichen“ Erektionen der Staatsdiener zuzugehen. Anstatt seine Freundin
zu belehren, feierte der Typ seine Alte auch noch ab. Solche Nummern scheint es
echt nur in Großbritannien zu geben.
Schlussendlich landeten wir in so 'ner Art Sports-Bar mit Party
Mucke und Dancefloor. Erinnerte eher an Malle. Mein Fall war es nicht, dem
Kameraden aus OF schien es auch nicht so zu gefallen. Also hielten wir es wie
die Engländer und betranken uns zu zugegebener Maßen sehr humanen Preisen. Als
der Abend dann tatsächlich irgendwann an Fahrt aufnahm, die Weiber und Kerle
ihre Hemmungen fallen ließen und wir uns mit dem Malle-Niveau abgefunden
hatten, war der Tag auch schon gelaufen. Die Befürchtungen, die der Offenbacher
noch am Morgen äußerte, sollten sich nun bewahrheiten. Nachdem schon der ganze
Tag im Zeichen des „Wealdstone Raiders“ stand und dessen Zitat „ You want
some?“ in so ziemlich jedes Gespräch einfloss, nahm unser Freund Jack das ganze
etwas zu ernst und griff einem Frechdachs etwas lieblos ins Gesicht. Vor dem
Laden wiederholte sich die ganze Prozedur offenbar nochmals und die Herren von
der lokalen Exekutive bescherten unserm Freund eine etwas teurere Herberge. Wie
sich im Nachhinein herausstellte, war er nur einer von knapp 60 anderen
Inhaftierten an diesem Abend. Stolze Zahl für eine Stadt dieser Größe. Für den
Rest war der Abend nun leider gelaufen, den weiter zusaufen während einer der
unsrigen im Knast sitzt war nun auch irgendwie blöd. Daher Taxi gestoppt und im
Hotel noch einen letzten Drink genommen bevor es in die Kiste ging.
Der relativ zeitige Abgang am Vorabend eröffnete mir direkt neue
Möglichkeiten am Sonntagmorgen. Frühes Aufstehen, verhältnismäßig geringe
Kopfschmerzen und eine kurze Distanz zum Meer ermöglichten mir doch noch zwei
angenehme Stunden am Strand von Bournemouth. Und das Ende November, bei
herrlichem Sonnenschein und milden Temperaturen. Angeblich gehört die Stadt zu
den beliebtesten Regionen auf der Insel mit direktem Zugang zum Meer. Ich kann
es nachvollziehen. Wobei ich hier trotzdem keinen Urlaub machen wollen würde,
wenn der Strand voll mit Menschen ist.
Zum Mittag hin ging's für uns schon wieder zurück nach London.
Ursprünglich wollten wir etwas früher losfahren und uns noch Tottenham vs.
Everton ansehen, die Kosten für die Umbuchung der Zugtickets hätten allerdings
den Kosten – Nutzen Faktor bei Weitem überschritten und so zogen wir eben ein
paar Stunden und Biere in Bournemouth vor. Unser Knasti wurde auch erst
entlassen, als wir bereits in London Waterloo im Pub standen, also blieb uns
nichts anderes übrig, als die kommenden 4 Stunden in diversen Gasthäusern zu
hausieren, bis der Gute wieder bei uns war. Gehört sich ja so. Entsprechend
zügig hatten wir wieder einen kleben. Gegen 21 Uhr hatten wir auch unser
Inhaftierten wieder und konnten endlich unser Gemächer in Belvedere beziehen.
Nach einer viel zu kurzen Nacht war auch schon wieder Rückflug angesagt und ein
amüsantes Wochenende nahm sein Ende. Auf ein baldiges Wiedersehen....