Sonntag, 10. Mai 2015

02.05.2015 Aston Villa FC vs Everton FC 3:2

Inzwischen auf dem Weg zurück nach Birmingham:


Wie erwartet findet unser Taxifahrer den Weg zum Stadion nicht direkt. Der Manager und der Anwalt schieben bereits etwas Hass wegen der Unfähigkeit unseres Fakirs. Die Standarddiskussion über die Fahrkünste von Taxifahrern in London und dem Rest des Landes beginnt mal wieder und erneut sind wir uns sicher, die Jungs mit dem Turban können es einfach nicht. Und Bescheißen wollen sie einen auch immer wieder. Als im Stadion bereits die 15. Minute lief, setzte uns dieser Vogel endlich ab. Sein erster Versuch, uns an einem Fanartikelstand ins Freie zu setzen, hätte ihn fast seinen Bart gekostet. „ Sieht das aus wie ein Stadion?“. Es ist wirklich zum verrückt werden. 35 Pfund kosteten uns die 15 Meilen von Wolverhampton bis zum Villa Park. Für den Preis sollte man nicht meckern. Wir tun es dennoch.

Am Villa Park standen wie vor dem nächsten Problem, wo ist der verdammte Ticketschalter? Also einmal ums ganze Stadion gerannt, geschmeidige 30 (?) Pfund für eine Karte im Familienblock auf dem North Stand hingelegt und „schon“ konnten wir unsere Plätze beziehen. Ich glaube, es war die 30. Minute. Auf der Anzeigetafel stand es zu diesem Zeitpunkt bereits 1:0. Ich bin es ja gewohnt, Spiele wieder in der Halbzeit zu verlassen oder am Bierstand zu verquatschen. Aber derart spät war ich echt schon lang nicht mehr. Aber was soll`s. Ein Intro verpasste hier eh nicht. Und grundsätzlich reicht für dieses furchtbare Event-Publikum auch `ne Halbzeit.

Das Stadion war, wie erwartet, eine Wucht. Für mich aber beinahe einen Tick zu groß. Unsere Plätze hatten wir in der rechten Ecke im Oberrang des North Stands. Der Blick auf den Platz geht in Ordnung, für große Menschen ist das aber nichts. Bei der Beinfreiheit fühlt man sich selbst in einem Ryan Air-Flieger wie in der Business Class. Für 30 Pfund sollte ich aber auch nicht allzu viel erwarten. Im Vergleich zu den großen Londoner Vereinen ist das schon recht preiswert, für Familien wird so ein Ausflug jedoch schnell zum finanziellen Kraftakt. Die Stimmung? Wie erwartet….scheiße! Ich hasse Premier League. Sicher, nach den Toren zeigen sie mal was von ihrem Potential. Aber das tun sie alle. Obwohl, Everton zeigte gar nichts, außer ihre Körper. Ich wollte Everton eigentlich immer mal sehen, gerade auch auswärts. Dieser Auftritt war aber keine Werbung für die blauen Scouser. Immerhin wurden wir während unserer Anwesenheit Zeuge von vier Toren. Somit waren es den gesamten Tag exakt 11 Tore. Wann sieht man so was schon mal?

Nach dem sich die Tribünen endlich wieder geleert hatten, wollten wir eigentlich nur schnell ein paar Fotos machen. Der Ordnungsdienst fiel mir aber dermaßen negativ auf, dass ich mit meiner Wortwahl doch recht vorsichtig sein musste. Teure Tickets darfst du kaufen, den ganzen Dreck aus dem Fanshop auch. Aber bitte verpiss dich nach dem Spiel ganz zügig aus dem Stadion! Immerhin konnte man sie auf Deutsch beleidigen. Fotzen!


So, jetzt konnten wir eeeeeeendlich zu dem übergehen, was wir den gesamten Tag ziemlich vernachlässigt hatten. Dem Suff. Zu diesem Zweck nutzten wir natürlich die Innenstadt von Birmingham. Ich muss zugeben, bei meinen letzten Stopps in Englands zweitgrößter Metropole war mein Gesamteindruck erst mal sehr negativ. Auch bei den anderen drei war die Erwartungshaltung ziemlich tief angesiedelt. Ein kleiner Spaziergang durch die Innenstadt genügte aber schon, um für ein paar positiv überraschte Deutsche zu sorgen. Es ist gar nicht so scheiße wie wir dachten. Den besten Eindruck einer Stadt bekommt man aber im Nachtleben. Und das war, unseres Erachtens nach, sehr sehr fein. Bei all den geilen Uschis, die sich dort tummelten, wussten wir gar nicht, wo man zuerst hin glotzen soll. Der Manager glotze einfach auf ein Stück „Frühstückswurst“, die auf dem Boden lag um sich abzulenken. Wer gedacht hat, so`n Akademiker braucht gehobenes Kabarett, um sich zu amüsieren, der hätte sich verwundert die Augen gerieben, wie sich der Manager an diesem bescheuerten Stück Wurst erfreute. Aus Freude über seine Freude verlor ich im Überschwang der Gefühle auch noch das Bier in meinem Mund an den Teppich. Hoffentlich hat keiner mitbekommen, wo wir herkommen. Da blieb nur noch die Flucht nach vorn und in ein anderes Lokal. Ein paar Straßen weiter fand sich ein sehr ordentlicher Laden mit Außenbereich und überaus attraktiven weiblichen Gästen. Ich könnte euch jetzt den Namen nennen, aber auf die Gefahr hin, dass dort irgendwann mal ein „Cartel“ mit hochgekrempelten Selvedge Jeans, bescheuerten Socken und orthopädischen Schuhen aufläuft, lassen wir dit lieber stecken. Da die Damen mit uns eh nicht reden wollten, nahm sich dann ein albanischer Türsteher unseres sabbernden Haufens an. Irgendwann sollte er mal raten aus welchen Regionen in Deutschland wir kommen. Nach kurzem überlegen, schaute er auf euren Autor und meinte: „ der kommt auf jedem Fall vom Dorf“. So etwas von jemanden zu hören, der vermutlich von einem Tanzbären gestillt wurde, und dann noch das blöde Grinsen eines echten Spreewald-Bauerns und unseres Offenbacher Zigeuners, kratzte schon etwas an der Seele. Aber gut, ich war ja eben wie `nen Landlord angezogen, nur mit Turnschuhen.

 Gegen Mitternacht war leider auch dieser Abend beendet. Der „Anwalt“ wurde am Busbahnhof abgeliefert, der Manager bezog sein Hotel, und Herr OF sowie meine Wenigkeit bezogen Quartier im Flughafen Birmingham. Leider ohne gemütlichen Heuballen zum Schlafen. Ein paar Stunden später standen wir schon wieder vor den deutschen Grenzbullen und mussten uns dumme Fragen gefallen lassen. Wer`s braucht!

Was bleibt von diesem Ausflug? Birmingham sieht uns definitiv wieder! Die Stadt ist wesentlich besser als ihr Ruf, ist (wegen des Flughafens) ein Topausgangspunkt für Reisen in den Midlands und den Rest der Insel. Und, vor allem ist Birmingham einfach nicht so furchtbar überlaufen wie London. Was sich auch im Preisniveau äußert. Nur eines gilt es immer zu beachten… Finger weg von pakistanischen Taxifahrern!










Freitag, 8. Mai 2015

02.05.2015 Wolverhamton Wanderers vs Millwall FC 4:2

Freitag, 1. Mai 2015. Wäre dieser Tag vor einigen Jahren noch fast eine Art Pflichttermin für mich als alten Krawallmacher gewesen, so überlasse ich derartige Späßchen mittlerweile lieber den Leuten, die wirklich so richtig Frust schieben gegen all' die Ungerechtigkeit in unserer furchtbaren Heimat. Stattdessen sitze ich am diesjährigen Tag der Arbeit mit dem „Manager“ (wie passend) und unserem OFENbacher Kameraden (wie unpassend) am Rande des Frankfurter Bahnhofsviertels und amüsieren uns über den Kellner, der gerade hinter uns vorbei flitzt und etwa drei „Zugezogene“ verfolgt, die vermutlich nicht nur beim Trinkgeld gespart haben. Etwa 500 Meter weiter die Münchner Str. rauf, haben währenddessen die Insassen des "Moselecks" einen Helene Fischer Song etwas umgedichtet und trällern äußerst lautstark etwas von "Rattendicht um halb acht" unserem Manager entgegen. Genau sein Niveau. Verdammt, wo sind wir hier gelandet und vor allem: warum? Sex-Urlaub und Crack verkaufen in der Taunusstr.? Nö! Wenn diese merkwürdige Reisegruppe zusammen kommt, ist es meist Zeit für einen Trip auf die Insel. So auch diesmal.

Die West Midlands sollten mal wieder unser Ziel sein. Um etwas Zeit und Kosten zu sparen und die Gesundheit etwas zu schonen, wurde diesmal die gemeinsame Anreise am Spieltag gewählt. Die beiden letztem Punkte, waren aber dank der "Willkommens-Äppler" vom Abend am darauf folgenden Samstagmorgen wieder hinfällig. "Du, wir müssen jetzt mal ganz schnell raus. Wir sind etwas spät dran, der Flug geht in knapp 1,5 Stunden." Eine ordentliche Prise Deodorant später, nahm uns des Offenbachers Perle in ihre Obhut und karrte die drei müffelnden Jungs zum Flughafen FFM.
Um uns auf Müffelkurs zu halten und uns unserer Umgebung bzw. dem Ziel anzupassen, registrierte die Stewardess morgens um 8 Uhr die erste Bierbestellung. Ich war fast etwas gekränkt darüber, ihr durch unseren Frühschoppen nicht einmal ein angewidertes Naserümpfen abgewonnen zu haben. Aber da unser Offenbacher lediglich eine Einmalzahnbürste im Gepäck hatte, wusste sie wahrscheinlich schon beim Einstieg, was Phase ist. Nahm sich 'nen Schluck aus der Minibar und muffelte nun mit. Um die Überleitung auch mal zum Ende zu führen, sei nun auch das Ziel unseres Niveau-Limbos genannt. Birmingham! Ha! Frei nach Jürgen Todenhöfer wollten auch wir mal wissen, was im "Kalifat Midlands" aktuell abgeht und verbanden die Reise gleich noch mit zwei Fußballspielen in der Region. Man weiß ja nie, wann diese Spiele durch die örtlichen Gotteskrieger abgeschafft und die Stadien als Hinrichtungsplatz genutzt werden.

Am Zielort gesellte sich ein neuer Spielkamerad aus dem Münsterland zu uns. Da er dort einen Verein unterstützt, der sich nennt wie unsere Heimat, waren die Sympathien schnell auf seiner Seite. Nennen wir ihn einfach den „Anwalt". (ihr seht, wir sind schon ein ziemlich elitärer Haufen, mit Malern hängt hier keiner ab). Ein paar Dosen Bier eingepackt, Tickets besorgt und schon konnte sie losgehen, die beschwerliche 30-minütige Fahrt nach Wolverhampton. Dort wurden wir zunächst mit einer völlig abstrusen Situation konfrontiert. Es ist klar, dass Auswärtsfans meist einen separaten Pub bekommen. Der uns zugewiesene war jedoch 'ne Frechheit. Einfach nur 'nen Biergarten geöffnet, ein Zelt und zwei Dixi-Klos hingestellt und dann rein in dieses Flüchtlingslager. Ein Bier später war uns die Lust schon merklich vergangen und man bezog eine Suppenküche, ihres Zeichens ein ausgewiesener Breakfast-Schuppen nahe des Bahnhofs. Ich bin ja viel gewohnt, vermutlich mecker ich auch zu viel, aber der Laden war hygienisch schon 'ne Hausnummer. Dem Offenbacher (wen wundert's) gefiel es. Den anderen beiden auch. Aber ich bin halt vom Dorf (dazu später mehr). Mittlerweile wurde es auch Zeit, unsere Londoner Kumpels am Bahnhof zu treffen. Deren Anreise verlief leider nicht wie geplant und damit fiel auch unser Umtrunk vor dem Spiel komplett flach. Mir ist vollkommen entfallen, wann ich zuletzt ein Stadion in England ohne etwas "Standgas" betreten habe. Sehr merkwürdige Erfahrung. Immerhin war es uns so möglich, das Spiel und auch das Stadion mit klaren Sinnen wahrzunehmen.

Das Molineux ist schon ein sehr geiler Ground. Die Mischung aus englischer Stadiontradition und Moderne passt einfach gut zusammen. Vier separate, große Tribünen. Nah am Spielfeld und, das ist selten, mit echtem Unterscheidungsfaktor. Einen Besuch kann ich nur empfehlen. Zum Spiel musst zunächst erwähnt werden, dass Millwall den Abstieg bereits in den Tagen vor dem Spiel besiegelt hatte. Im Grunde haben sie das ja die gesamte Saison getan. Somit heißt es ab Saison 15/16 wieder 3. Liga am Den. Trotz alledem waren die Lions heute sehr zahlreich angereist – oder gerade aus diesem Grund. Nebenbei sei anzumerken, dass die Partie bei den Wolves in den vergangenen Jahren stets auf sehr beschissene Termine gelegt wurde. Um die Horden wenigstens etwas im Zaum zu halten, verlegten die Offiziellen das Spiel auf 12 Uhr. Da wir somit die Option auf das Spiel Villa vs. Everton hatten, waren wir nicht ganz so traurig über die Situation. Das wollten wir aber von der Entwicklung nach dem Spiel abhängig machen. Die Entwicklung während der ersten Hälfte war zunächst nicht so rosig. Schnell wurde uns bewusst, warum die Löwen abgestiegen sind. Noch bewusster wurde uns dies mit dem 1:0 für die Wolves. Die Gastgeber waren in der ersten Hälfte ganz klar spielbestimmend. Das war auch den Herren im Away-Sektor bewusst und so wurde der Frust auch dem erstbesten Wolves-Spieler entgegen gebracht, der am Block zu fassen war. In diesem Fall die Nummer 40, Nouha Dicko. Ich glaube die "Ebola, Ebola"-Rufe waren noch das humanste. 



Da Hälfte eins eher unspektakulär war, gesellten wir uns in der zweiten Mal zu den Spaßgesellen am linken Rand der Tribüne. Diese belegten sich wiederum mit den Kameraden auf der Hintertortribüne. Der Support von Wolverhampton konnte schon überzeugen. Speziell nach den Toren war schon einiges an Lautstärke drin. Erwähnenswert hierbei, dass auf der genannten Tribüne wirklich so ziemlich jeder Stand. Aktiv unterstützt hat jedoch nur der linke Teil, natürlich der zu den Gästen. Weiterhin überzeugte der Heimpöbel mit dem zünden von Rauchfackeln und Böllern bei den jeweiligen Toren. Allerdings stellten sie sich dabei auch so dämlich an, dass sie mehr als leicht zu finden waren und dementsprechend abgeführt wurde. Übertrumpfen konnte diese Blödheit eigentlich nur die Ordnerschaft mit ihren Versuchen, die Fackeln zu löschen. Da muss man als Deutscher schon etwas schmunzeln. Auf derartige Komplikationen sind sie auf der Insel – noch! – nicht vorbereitet.

Auf dem Grün legte Millwall indes noch mal gut nach. So billig wollten sie sich nicht verabschieden. Für die Wolves bestand immerhin noch die Chance, die Playoffs zu erreichen und diese Möglichkeit zu versauen, macht doch jeden glücklich. Außer evtl. die Typen neben und über uns. Mit zunehmender Spieldauer und nach den Treffern Millwalls kam nämlich etwas Unmut bei einigen Herren im Oberrang auf und so flogen nicht nur böse Worte und Gesten hin und her. Die Gästen feierten sich und dieses desolate Team lieber selbst und so wurden die letzten Minuten sehr amüsant. Old Bill zog währenddessen alles zusammen was sie hatten und stellte den Gästeblock mit zwei Reihen Bullen komplett zu. Als wenn sich jemand traut den Platz zu betreten, wenn eine Strafe von 2000 Pfund winkt.  „Gefeiert“ wurde dieser Auftritt mit „Murderers“ Sprechchören und dem „Harry Roberts Song“. Tja, das war es dann auch.   Mehr passierte nicht mehr im Stadion bei Millwalls vorerst letztem Spiel in der 2. Liga. Jetzt unterstütze ich schon zwei Vereine die drittklassig sind. Warum zum Teufel macht man das?!

Im Anschluss an die Partie wurden wir direkt am Stadion Zeuge eines Auflaufs von einem der bekanntesten "Top Boys" der englischen Szene. Gilly Shaw, eine dieser Larven, die schon in diversen Dokus und Büchern auftauchte. Seine Funktion: vermutlich Anführer von Wolverhamptons Yam Yam/Subway Army. Es ist schon etwas merkwürdig aus, wenn du siehst, wie 'ne Horde alter übergewichtiger Männer Ende 40 bis Mitte 50 auf die Polizeiabsperrung zukommt und sich auch auf der Gegenseite entsprechendes Potential der selben Kategorie findet und du weißt, die wollen sich echt noch rumwaffeln. Gern hätten wir uns Autogramme geholt, aber um das Spiel in Birmingham noch mitnehmen zu können, war etwas Eile angesagt. Bei der Polizeipräsenz war eh jede Intervention sinnlos. Dennoch war es eines der besseren Spiele die ich von Millwall in den letzten Jahren gesehen habe. Muss ja auch mal sein.



Um mal wieder was gegen die gute Laune zu tun,  "buchten" wir uns am Bahnhof den erstbesten Paki und Sein Taxi, verabschiedeten uns von den Tommys und legten unsere Penunzen und Gesundheit für die nächsten 30 Minuten in die schmutzigen Hände unseres Turban Trägers. Tschüss Wolverhampton……..“Assalamo aleikum“ Birmingham!








Der Villa Bericht folgt.....