Sonntag, 24. Februar 2013

16.02.2013 Glentoran FC vs Linfield FC 1:1

Belfast, eine Stadt, die nicht unbedingt zu den Top Five der beliebtesten Destinationen in Europa gehört. Das Wetter soll scheisse sein, es gibt kaum Direktflüge, die Bewohner ballern sich die Kugeln um die Ohren (weil die einen auf kleine Messdiener stehen und die anderen nicht) und überhaupt gehört die 300000 Einwohner zählende Stadt am Fluss Lagan irgendwie zu den großen Unbekannten des Vereinigten Königreichs. London, Edinburgh, Manchester, Liverpool etc. sind schon eher Ziele der meisten Touristen, da für diese auch einfach mehr Werbung gemacht wird. Dabei ist Belfast wesentlich interessanter als beispielsweise die „große Schwester“ Dublin. Die irische Hauptstadt hat nämlich in meinen Augen nicht annähernd so viel zu Bieten wie die zweitgrößte Stadt auf der Insel. 

Neben der Tatsache, dass die Titanic hier gebaut und zu Wasser gelassen wurde, ist die Stadt natürlich vor allem bekannt für die massiven Zusammenstöße zwischen Protestanten und Katholiken. Oder besser gesagt für das wahllose Töten von Zivilisten, Soldaten, Polizisten oder einfach den vermeintlichen Gegnern durch die Waffen paramilitärischer Gruppen wie der IRA oder ihren ( pro – britischen ) Kontrahenten der UVF und UDA etc. in den 70er und 80er Jahren. Wobei es selbst bis in die heutige Zeit immer wieder zu schweren Krawallen und Anschlägen kommt. Speziell dann, wenn der Oranje-Orden am 12. Juli jeden Jahres zum großen Marsch bzw. Parade ansetzt um den Sieg von Wilhelm III. von Oranien über den katholischen Stuart-König Jakob II. im Jahre 1690 zu feiern. Während der eine daraufhin den englischen Thron bestieg und die Vorherrschaft der Protestanten in Nordirland zementierte, steht das Ereignis für die vorwiegend katholische-irische „Minderheit“ in diesem Teil der Insel für den Beginn ihrer Unterdrückung durch die englische Krone. Da sich der protestantische Teil der Bevölkerung dessen bewusst ist, werden die Märsche gern auch durch die katholischen Viertel geleitet um ein „wenig“ zu provozieren. Jahr für Jahr führt das zu heftigen Auseinandersetzungen. 

Klingt doch alles ziemlich einladend. Oder? Das dachten sich zumindest meine Wenigkeit, der Manager aus Schmogrow und ein Peitzer „Transporter“. Als kleines i-Tüpfelchen fand am Wochenende unseres Besuches auch noch das Belfaster Derby zwischen Glentoran und Linfield statt. Zufälligerweise fiel selbiges auch noch auf einen runden Geburtstag eures Autors. Da so viele Zufälle auf einmal natürlich unmöglich gut gehen können, gab’s bei allen Beteiligten mal wieder diverse Komplikationen bei der Anreise. Gerade der „Manager“ ist immer wieder gut für Anekdoten rund um die Berliner Flughäfen. Wie dem auch sei, letzten Endes erreichten wir alle früher oder später unser Ziel. 

Bevor es am frühen Morgen für uns drei mit einer „Black Cap“-Tour durch Shankill und die Falls gehen sollte, war ein etwa 50-jähriger Herr aus Schottland der Meinung, er müsste uns während des Frühstücks ein Ohr abkauen. Laut eigenen Angaben war der gute Mann 20 Jahre seines Lebens ein sog. „Gangster“. Auf die Frage, was er als „Gangster“ so gemacht habe, erzählte er was von toten Engländern und machte merkwürdige Gesten mit seinem Zeigefinger. Sein gestörtes Verhältnis zu Bewohnern Englands hing wohl auch mit seinen Wurzeln zusammen. Mutti war Irin und aus Belfast, da Papi ein kaputter Schotte….da wird einem der Hass auf die englische Krone quasi schon in die Wiege gelegt. Nach diesen lehrreichen Geschichten stand pünktlich, wie ein Deutscher, unser (katholischer) Taxifahrer vor der Tür und der Ausflug durch die kritischen Stadtteile konnte starten. 

Das erste was man zu sehen bekam, war eine Papst Puppe, die an einem Laternenpfahl baumelte. Dazu erzählte unser Fahrer, dass er in dieser Gegend eher seltener auf ein Bier einkehrt, zu groß sei das Risiko, dass er sich wie der Pontifex maximus am Laternenpfahl widerfände. Ursprünglich war der Plan, Belfast komplett zu Fuß zu erkunden. Doch relativ schnell war ich bzw. wir froh, doch die Taxi-Tour gewählt zu haben. Zum einen erspart man sich kilometerlange Fußmärsche, zum anderen war unser „Führer“ wirklich erste Sahne. Als alter Haudegen kannte er natürlich alle Ecken und die Geschichten zu den „Murals“ bzw. Wandmalereien. Er ließ es sich natürlich nicht nehmen die ein oder andere Spitze in Richtung der protestantischen Bewohner der Stadt zu schießen. Aber wer kann es ihm verübeln. Auch wenn die Regierung bei Vergabe von Jobs etc. auf Gleichberechtigung setzt, ist man als Katholik bzw. Ire offenbar immer noch Mensch zweiter Klasse. Insgesamt fällt es schwer überhaupt Partei für eine der beiden Seiten zu ergreifen. Aber das soll auch nicht meine Aufgabe sein. Es empfiehlt sich aber definitiv vor einem Besuch in Nordirland mal ein Buch über die IRA bzw. den Konflikt in der Region in die Hand zu nehmen. So kann einem der Guide nichts vom Pferd erzählen und man weiß ungefähr was er einem da gerade verklickern möchte. Ich kann nur jedem so eine Tour ans Herz legen. Für 10 Pfund pro Person macht man absolut nichts falsch und schont die eigenen Klumpfüße.

Nach so viel Kultur war erst mal Kneipe angesagt, der britischen Braukunst frönen und noch ein paar Minuten von Millwalls Spiel in Luton auf Sky glotzen. Und schon wurde das nächste Taxi zum zweiten Highlight des Tages bestiegen, dem Belfaster Stadtderby. Wobei ich ganz ehrlich zugeben muss, dass ich bis heute keine Ahnung habe, in welchem Verhältnis die beiden Clubs des besuchten Spiels zum dritten Belfaster Verein, Clifftonville, stehen. Austragungsort war das „Oval“, die Heimspielstätte von Glentoran. Von den Stadien die ich bisher im UK besucht habe, war dieses mit Sicherheit das schönste. Kein moderner Schnickschnack, lockere Ordner und einfach ein richtig herrliches abgeranztes Fußballstadion. So muss es in den 80ern gewesen sein, bevor Stehplätze und der ganz eigene Charme eines jedes Stadions dem „Taylor Report“ zum Opfer fiel. Leider waren die Fans beider Seite nicht annähernd so stark wie ihr Stadion. Schlechter war eigentlich nur noch das Spiel selbst. Aber wegen des super guten Fußballs fährt man ja nicht nach Nordirland. Auf Seiten der Heimfans gab es im oberen Teil der Tribüne ein paar Jungs die am Singen waren, ein etwa gleich große Truppe hatte sich auf der gegenüberliegenden Seite der akustischen Unterstützung verschrieben. Der Rest guckte einfach nur aufs Feld (die Erwachsenen) oder ließ sich den Grashang in der Kurve hinunter rollen (die Kinder) und sah, je nach Nebenbeschäftigung, je ein Tor für Gastgeber und Gast. Irgendwie gemütlich, in einer Stadt, die ansonsten ein gewissen „Aggressivität“ ausstrahlt. So zumindest die Bezirke jenseits des Zentrums.

Nach der Partie machte sich unser charmantes Trio nach einem langen Spaziergang durch die Stadt kurz in die Unterkunft, um danach direkt wieder an der Bar verschiedener Pubs und später eines Clubs Stellung zu beziehen um der lokalen Damenwelt auf die Hinterteile zu glotzen. Bei den vielen kurzen Röcken musste man dies zwangsläufig einfach tun. 

Einige Bier und ein paar Stunden Schlaf später, wurde noch mal kurz der Windsor Park ( National- und Linfield FC Stadion) besichtigt und um danach schon wieder den Heimweg anzutreten. Im großen und ganzen viel gesehen, aber es gäbe noch einige andere Dinge, die nur darauf warten von uns angeguckt zu werden. Seien es die Stadien der beiden anderen Belfaster Vereine, das Titanic Museum oder einfach die „lustigen“ Paraden um den 12.Juli. Evtl. bauen wir uns dann einfach unsere eigene Burg aus Holzpaletten und verbrennen statt einer Puppe vom Papst einfach die einer beliebten Cottbuser Journalistin. 

Nordirland, wir sehen uns wieder! 










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