Samstag, 15. April 2017

GASTBERICHT aus Münster: 12.03.2017 Tottenham Hotspurs vs Millwall FC 6:0


Berlin im Februar 2017„It’s probably gonna be Lincoln at home.“

Mit diesen Worten verabschiedete ich mich an einem verregneten Sonntagnachmittag in der Bundeshauptstadt von den Herrschaften aus England, nichtsahnend dass sich wenige Stunden später meine pessimistische Einstellung zu den Auslosungen für Millwall im englischen Pokal schlagartig ändern würde. Kurz vor Ankunft in der Heimat erreichte mich die frohe Botschaft, dass kein geringerer Gegner als Tottenham Hotspur an der altehrwürdigen White Hart Lane im Viertelfinale des FA Cups warten würde. Die Entscheidung, nach London zu fliegen, war somit schnell gefallen, jedoch wurde einem ebenso schnell bewusst, dass es nahezu unmöglich sein würde, ein Ticket für dieses langersehnte Derby zu bekommen. Vom Gästeblock ganz zu schweigen. Da nämlich auch die Rückmeldungen des Kollegen aus South London nicht gerade vielversprechend waren, wurden in den Folgewochen selbst die dubiosesten Ticketagenturen durchforstet. Erfolg? Fehlanzeige. Ohne Karte und einer eher durchwachsenen Portion Optimismus vor Ort noch eine Karte ergattern zu können, wurde am Samstag die Reise nach England angetreten. 

Das Spiel der Lions wurde auf Sonntagmittag gelegt, sodass sich nach einer großen Portion Pie &
Mash im hippen East End auch am Samstag noch die Gelegenheit bat, den Ball über das englische Grün rollen zu sehen und Zeuge der huddersfieldschen Wagner Revolution zu werden.
Die vom deutsch-amerikanischen David Wagner trainierten Terrier aus Yorkshire waren zu Gast in Brentford und wollten hier den nächsten Schritt in Richtung Aufstieg machen. Über Brentford selbst gibt es wenig zu berichten. Außer vielleicht, dass ein gewisser Rod Stewart hier einst versuchte den Sprung in den Profifußball zu schaffen. Ansonsten ist Brentford ein kleiner Familienverein im schnieken westlichen Teil von London, der kaum für Schlagzeilen sorgt, aber dessen Stadion für mich zu einem der schönsten in England zählt. Nicht aufgrund der Stimmung, sondern der Tatsache, dass sich an jeder Ecke des Grounds ein kleiner uriger Pub befindet. An der Metro Station South Ealing angekommen merkt man schnell, warum in diesem Teil der Stadt auf Gegenseitigkeit beruhende Animositäten nicht existieren. Die Menschen wirken hier tiefenentspannt. Wer hier wohnt, hat es geschafft. So verwunderte es mich dann auch nicht zu hören, dass der größte Rivale die Cottagers des Fulham Football Club sind. Posh cunts unter sich! Für schmale 32 Euro bekam man dann einen trostlosen Kick zu sehen, den die Favoriten aus Huddersfield mit 0-1 für sich entscheiden konnten. Zeitweise war die Partie aber derart langweilig, dass sogar das Betrachten der Haupteinflugschneise nach Heathrow sich als die spannendere Alternative entpuppte.Aber es sollte ja nur der Auftakt des Wochenendes sein. Der Tag wurde mit den Herren aus South-East London bei Livemusik und zahlreichen Ales in Greenwich abgeschlossen.





Am Morgen des langerwarteten Aufeinandertreffens mit den Yids versammelte sich ein größerer Haufen am Pub „The Crosse Keys“ im Bankenviertel. Die kurzfristig geänderten Öffnungszeiten sowie die frei erfundene „No trainers policy“ sorgten bei der 40 Mann starken Truppe in größtenteils weißen Reebok Classics hier für den ersten Dämpfer am heutigen Tag. Angepisst entschied man sich dafür den anderen Treffpunkt anzusteuern. Dieser war auch schon gut gefüllt mit jeder Menge gut gekleideter Gentlemen, denen schnell anzumerken war, wie lange sie den heutigen Tag herbeigesehnt haben. Nach gut einer Stunde entschied sich der Großteil des Mobs Richtung Turnpike Lane aufzubrechen, um in der Broadwater Farm noch ein wenig ihr Unwesen zu treiben. Wir zogen es jedoch vor, uns noch das eine oder andere Lager zu gönnen und dann die Kollegen aus Offenbach und Düsseldorf am Bahnhof King’s Cross zu empfangen. Immerhin waren es noch knappe 3 Stunden bis Anpfiff. Dank eines Arbeitskollegen waren die beiden immerhin auch schon mit Karten versorgt, so dass nur noch meine Wenigkeit um den Einlass bangen musste. Wir wählten Tottenham Hale als Anreiseroute und bahnten uns von dort durch die heruntergekommenen Straßenzüge den Weg zur White Hart Lane. Man hat ja echt schon einige Ecken in den letzten Jahren gesehen in dieser Stadt, aber eine derart arme und ranzige Gegend war auch uns neu. Kein Wunder, dass die Riots aus dem Jahr 2011 hier ihren Ursprung hatten. Am Stadion verabschiedete ich mich von den Kollegen und versuchte das Unmögliche möglich zu machen. Nach einer schier endlosen Diskussion mit einigen wenigen Schwarzmarkthändlern gab ich irgendwann genervt auf. Einen kleinen Hinweis, in welche Körperregion diese Affen sich ihre abartigen Ticketpreise schieben können, konnte ich mir aber doch nicht ersparen. Auf der Suche nach einer Kneipe stolperte mir dann aber tatsächlich noch ein älterer Herr über den Weg und bot mir für einen humanen Preis noch eine Karte an. Und wie der Zufall es wollte, stand da doch wirklich „Away Supporters“ drauf! Zwei Minuten vor Anpfiff war am Gästeblock noch die Hölle los. Durch ein Nadelöhrsystem wurde man von Old Bill zu einigen der wenigen Drehkreuze gedrängt, umgeben von hunderten Yids, die den Gästen und auch meiner Wenigkeit unmissverständlich zu erkennen gaben, was sie von unserer Anwesenheit in diesem Teil der Stadt hielten. Im Gästeblock selber war es gerammelt voll. Grund hierfür war ein Blocksturm, der wohl unmittelbar vor Anpiff und noch während meiner Kartensuche stattfand. Hätte man das mal vorher gewusst. Nach einer gefühlten Ewigkeit konnte ich dann die vertrauten Gesichter entdecken und mich dem Gekicke auf dem Rasen widmen.



Der Millwall Support war teilweise ohrenbetäubend und auch der Spurs Anhang war regelmäßig in guter Lautstärke zu vernehmen. Bei einem derartigen Spielverlauf war dies aber auch nicht verwunderlich. Der Tabellenzweite der Premier League in Bestbesetzung fegte die Lions regelrecht vom Platz. Der Klassenunterschied machte sich von der ersten Minute an bemerkbar. Am Ende hieß es 6-0 für die Hausherren. Man merkte schnell, dass die Spurs diesen Wettbewerb, im Gegensatz zu vielen anderen Mannschaften, richtig ernst nahmen und diese Saison was erreichen wollen. Immerhin ist in einsamer Ligapokal aus dem Jahre 2008 das einzige Stück Silber der letzten 10 Jahre. Die Stimmung im Gästeblock blieb vom Spielverlauf jedoch unbeeinflusst. Immerhin wartete man viel zu lang auf diese Auslosung. So war das Spiel von zahlreichen „No one likes us“ Schlachtrufen, dem Millwall roar und etlichen Schmähgesängen und Beleidigungen geprägt. Insbesondere Dele Alli und ein alter südkoreanischer Bekannter aus der Bundesliga durften sich über 90 Minuten lang so einiges anhören. Ein gefundenes Fressen für die englischen tabloids, die am Tag darauf deswegen mal wieder die Rassismuskeule schwenkten und sich als Schutzpatron des dreifachen Torschützen Heung-Min Son aufspielten.Egal, die Jungs südlich der Themse bemühen sich sowieso nicht mehr um eine faire Behandlung seitens der Presse. Ich selber war vom Anblick und Verhalten des Gästeblocks beeindruckt. Ein Bild wie ein ausgestreckter Mittelfinger in das Gesicht der modernen Hochglanz Premier League. Flatcap und Barbour statt Replica Shirt und G-Star. Dazu noch diese raue, laute, jedoch sehr ehrliche und gleichzeitig humorvolle in-your-face Attitüde, die ich so zu schätzen gelernt habe. Proper South London eben. So wurde zum Spielende das frenetisch gesungene „We’re going to Wembley“ der Spurs Fans mit einem lautstarken „We’re going to Shrewsbury“ gekontert.


Nach Spielende entschlossen wir uns die Haltestelle Seven Sisters anzusteuern. Die nicht enden wollende Strecke bot dabei jede Menge Unterhaltung. Als Paradebeispiel sei hier die in den sozialen Netzwerken mittlerweile weit verbreitete Aktion eines älteren Millwall Anhängers zu erwähnen, der einem aufmüpfigen Tottenham Fan ohne lange zu fackeln per Faustschlag auf die Bretter schickte. In diesem Fall auf den versifften Asphalt der High Road.


Mit einer kleinen Kneipentour an der London Bridge wurde der Tag beendet und nach wenigen Stunden Schlaf und mit einem katastrophalen Elektrolythaushalt wurde am Montag die Heimreise angetreten.

Freitag, 14. April 2017

05.03.2017 NK Osijek vs Hajduk Split 2:1

Im Gegensatz zu den letzten zwei Tagen, schien die Sonne am Sonntag Morgen nicht in unser Zimmer. Draußen war es, wie eigentlich üblich für diese Jahreszeit, eher grau. Wie gern wäre ich liegen geblieben und hätte Balle beim Duschen zugeguckt. Auf der Agenda stand jedoch ein weiteres Spiel auf dem Balkan. Für mich nur das zweite und für die anderen Herrschaften das letzte Spiel auf ihrer einwöchigen Tour. Am Belgrader Hauptbahnhof schnell etwas gefuttert, einen Zwickauer eingeladen und schon saßen wir wieder in Michas rumänischer Großraumlimousine. Mit dem Westsachsen an Bord wurde die Zeit sogar mal mit ein paar informativen Themen verplempert. Balle träumte hingegen schon wieder vor sich hin und sah sich bereits selbst in einem „Hustler Movie“ und verteilte C*.....ach, lassen wir das. Die knapp zweieinhalbstündige Fahrt verlief also relativ kurzweilig.

An der serbisch-kroatischen Grenze hatten die Jungs an der Passkontrolle einiges an Problemen, unsere mit Einträgen gefüllten Personalien zu checken, anders kann ich mir die fast 20-minütige Warterei nicht erklären. Angeblich hatten sie Schwierigkeiten mit dem Rechner. Das letzte mal, als ich so etwas gehört habe, musste ich danach wieder zurück reisen. Kurz hinter der Grenze wartete dann eine Stadt auf uns, deren Geschichte im Balkankrieg durchaus interessant und vor allem sehr komplex ist: Vukovar. Ohne den Kollegen aus Zwickau hätte ich mich wohl höchstens über den „defekten“ Wasserturm der 28 000 Einwohner Stadt gewundert, aber stattdessen erfuhr ich von der Rolle der Stadt und ihrem Status als eines der am stärksten umkämpften Gebiete. Ich würde gern mehr dazu schreiben, doch bisher bin ich dazu einfach zu unbelesen und kann nur auf Wikipedia verweisen, damit ihr euch mal ein Bild machen könnt. Die Gegend wurde jedenfalls mit dem Umschalten des Telefonanbieters schlagartig schöner und vor allem sauberer. Wenn ich an den ganzen Müll und die verfallenen Häuser im östlichen Serbien denke, so war man hier irgendwie schon wieder in einer ganz anderen Welt. Die ganzen kleinen Höfe in den Ortschaften auf unserer Strecke erinnerten mich teilweise an Orte in Brandenburg oder Meck-Pomm.

In einem der Vororte von Vukovar konnten wir an einer Kneipe in Richtung Osijek bereits die ersten Hajduk Leute rumlungern sehen. Wie auch Dinamo Zagreb, scheint Hajduk einiges an Sektionen im ganzen Land zu haben. Aber das sollte uns nicht sonderlich interessieren, unser Fokus lag die ganze Fahrt über auf dem Wetter. Der Wetterbericht verlautete Regen am Nachmittag, bisher war aber alles trocken. Ein Vöglein hatte uns im Vorfeld gezwitschert, dass der Ground vom FK Osjiek über keinerlei Überdachung verfüge. Kurz nach dem parken des Autos und dem ordern unserer Tickets fand der erste Tropfen den Weg auf meine Rübe. Ich hätte kotzen können. Neben dem halbfertigen Stadion „Gradski“ (zumindest sieht es so aus, mit der Haupttribüne hatte man offenbar größeres vor), hatte man immerhin eine Halle mit ein paar Restaurants hingezimmert, so dass wir uns die Zeit bis zum Anpfiff mit Speis und Trank verkürzen konnten. Das Preisniveau hier war zwar schon spürbar höher, aber für Deutsche immer noch im „Schnäppchen“-Bereich. Ich für meinen Teil hätte für den Preis keine so große Fleischplatte erwartet. 


Mit voller Plauze konnten wir uns nun endlich in den Regen stellen. Da die Fans des Gastgebers aber bereits in der Nacht zuvor den 70.Vereinsgeburtstag in der Innenstadt mit jeder Menge Pyrotechnik zelebriert haben, hatten wir wenigstens die Hoffnung, der Heimpöbel würde am Spieltag erst recht die Regentropfen mittels bengalischer Feuer zum verdunsten bringen. Zum Intro gab es jedoch erst mal gar nichts, weder von den geschätzt 800 (?) Hajduk-Supportern, noch von der „Kohorta Osjiek“. Aber wenn schon die Szenen nicht begeistern können, dann manchmal immerhin die weiblichen Gäste. Sowohl Kollege Balle als auch ich wussten zunächst nicht auf/in welche Kurve wir zuerst gucken sollten. Wir wechselten dann sicherheitshalber den Standpunkt, um uns auf das wesentliche zu konzentrieren. Die Seite der Hausherren legte in der ersten Halbzeit eigentlich eine ganz nette Show hin. Die Gesänge wurden nicht immer von allen Leuten im Sektor getragen, konnten aber trotzdem eine ansprechende Lautstärke erreichen. Die Gäste konnten wir zwar gut hören, waren aber trotzdem ein Stück zu weit weg, um die Jungs etwas näher zu beäugen. Im Verlauf der ersten Halbzeit zog die Heimseite dann endlich ein paar Blockfahnen nach oben, doch unsere Hoffnung auf etwas künstliche Beleuchtung wurde leider nicht befriedigt. Im Nachgang dieser Partie kam uns zu Ohren, dass die Herrschaften aus Osjiek schon einiges an Pyrotechnik geplant und auch schon versteckt hatten, dieser Plan aber von der Staatsmacht vereitelt wurde. Mit demselben Problem hatten auch die Jungs von der „Torcidia Split“ zu kämpfen. Trotzdem schafften sie es immerhin, ein paar Sachen mit ins Stadion zu bekommen und diese in der 2.Halbzeit zu entzünden. War zwar keine überragende Pyro-Show, aber insgesamt wusste Hajduk schon zu gefallen. Mit dem Wechsel unseres Beobachtungspostens konnten wir uns auch viel mehr an den Pogoeinlagen der Gäste erfreuen. Als kurz vor Ende der Siegtreffer für die Hausherren fiel, hofften wir nochmal kurz auf eine große Show. Aber wie bereits erwähnt, es war ja nichts drin. Das wussten wir ja zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ziemlich nass und durchgefroren erklärten wir das Stadion Gradski ca vier Minuten vor Schlusspfiff für „abgehakt“ und zogen direkt von dannen. Schließlich sollten mich die Jungs noch in Budapest am Flughafen absetzen. 



Das Zeitpolster war eigentlich mehr als ausreichend, doch Roberts Hang zum Bleifuß ließ mich knapp 30 Minuten nach Fahrtbeginn bereits das erste mal am erreichen meines Fliegers zweifeln. Ein kroatischer Verkehrsbulle rannte wild gestikulierend auf die Straße und gab uns zu verstehen, dass wir wohl etwas zu zügig unterwegs waren. Letztlich war das ganze wenig dramatisch, nur als Robert auf einmal mit dem Bullen im Auto ohne irgendeine Info davon brauste und uns ohne Schlüssel und Fahrzeugpapiere in der kroatischen Prärie stehen ließ, guckten wir etwas dumm aus der Wäsche. Der nette Mann von der Polizei wollten dem Verkehrssünder aber doch nur zeigen wo genau er das Schild übersehen hatte und brachte ihn fünf Minuten später zu seinen Kumpels zurück. Mensch sind die freundlich hier…      Eine weitere halbe Stunde später standen wir auch schon an der kroatisch-ungarischen Grenze. Im Vorfeld der ganzen Reise hatte ich gegenüber meinem Arbeitgeber bereits gewitzelt, dass ich ganz sicher am Montagvormittag wieder auf der Matte stehe, vorausgesetzt Viktor Orban lässt uns rein. Tja, er wollte uns nicht rein lassen. Zumindest nicht so, wie wir es in Deutschland handhaben. Der blöde Hund wollte tatsächlich wissen, wer da in sein Land einreist. Und das zog sich in die Länge. Nach knapp 1½ Stunden war der Flug eigentlich schon nicht mehr zu erreichen und ich machte sowohl meine nahen Verwandten und Kollegen mit einer verzögerten Ankunft vertraut, meine Begleiter mussten sich indes damit anfreunden, sich mit mir bis Dresden die Rückbank zu teilen. Viel bequemer wäre meine Rückreise mit Flugzeug und Nachtzug zwar auch nicht gewesen, aber sie war immerhin schon bezahlt. Lange Rede, kurzer Sinn: Montagmorgen um halb fünf konnten meine Cottbuser Begleiter mich und den Herrn aus Zwickau am Dresdner Hauptbahnhof vor die Tür setzen und nach kurzer Wartezeit sowie Zahlung einer erhöhten Spende an die deutsche Bahn, konnte ich ebenfalls die letzte Etappe meiner Reise antreten. 

Das Ende war zwar etwas teuer und mühsam, aber im Großen und Ganzen hat sich der Trip schon gelohnt und ich kann mich an dieser Stelle nur noch einmal bei Micha,Robert und Balle fürs Mitnehmen bedanken. Und das nächste Mal fahre ich auch mal ein Stück.






Dienstag, 21. März 2017

04.03.2017 Crvena Zvezda vs Partizan Beograd 1:1

Wir haben noch immer die Saison 2016/2017 und noch immer gibt es wenig Interessantes in meinem favorisierten Fußballland. Zu Gunsten des nun folgenden Reiseberichts, breche ich einfach mal mit der korrekten Chronologie besuchter Spiele und reiche diese eventuell später mal nach. Ich will Euch eben gern mal wieder etwas Aktualität bilden. 

Ich kann mich nicht erinnern, wann ich jemals so dermaßen viel storniert, umgebucht oder schlichtweg verpasst habe wie bei dieser Tour. Es ist nicht ganz einfach einen Ausflug zu planen mit Freunden, die fast jeden Tag ihrer einwöchigen Tour in einem anderen Land Fußball glotzen wollen. Eine ganze Woche war für mich ohnehin von vornherein ausgeschlossen, dafür fehlt mir sowohl die Zeit, als auch das Verständnis der „Regierung“. Bevor ich meine ersten Flüge buchte, war der Plan noch: Mittwochs Belgrad-Derby, Donnerstag: Derby in Bukarest und sonnabends das Nachbarschaftsduell in Sofia. Geile Sache dachte ich mir und buchte einfach mal Hin- und Rückflug nach Belgrad. Dort sollte ich dann mit meinen Cottbuser Kollegen zusammen kommen usw… 

Selbstverständlich hat es genau so nicht funktioniert,denn irgendwann im Januar wurde der Kick in Belgrad schon auf Sonnabend verschoben und die cleveren Jungs werden nun natürlich festgestellt haben, dass da ein gewisses Problem entstand. Für unsere Hopper taten sich damit hingegen ganz neue Möglichkeiten auf und ich suchte nach entsprechenden Optionen, mit den bereits gebuchten Flügen dazu zustoßen. Gerade war soweit alles fix, als mir durch die FA-Cup-Auslosung alles durcheinander geworfen und der ganze Ausflug nochmals überarbeitet werden musste, um den Hausfrieden nicht allzu sehr zu belasten. Schließlich wurden mit den Spurs endlich das langersehnte Traumlos für die Lions aus dem Pot gezogen….und da wollte ich auch hin. Also alles von vorn, Flüge stornieren, Zugfahrten und Flüge umbuchen etc. Meine späteren Reisegesellen verloren zwischenzeitlich komplett den Überblick und ich zugegebenermaßen auch. Allen Unkenrufen zum Trotz saß ich am Donnerstagabend tatsächlich im Flieger von Köln nach Sofia, wo sich in einem „netten“Hotel bereits die Jungs aus der Heimat bei „Hustler TV“ von ihrem Ausflug nach Griechenland erholten. Ich musste mir währenddessen ein wenig Freiraum im ohnehin engen Ryan-Air-Flieger erkämpfen, gab das Unterfangen jedoch auf, als ich die schicke „Wehrmacht“-Tätowierung auf dem Unterarm meines muskulösen Bulgarischen Nebenmanns erblickte. Bei den Anderen angekommen, saß mein Zimmerkollege schon da und checkte eifrig die Auslage von topescort.bg . Ich bediente mich zunächst an Balles flüssigen Mitbringseln aus Griechenland und unterstützte später fleißig beim „suchen“. Nach einer Menge Geblödel, erfolglosen Anrufen (wenn „Maria“ wüsste, was ihr entgangen ist), war dann aber auch mal schlafen angesagt. 

Freitagmorgen: Das Bild eines reichhaltigen Frühstücksbuffets im Kopf, bewegte ich mich voller Erwartungen an die bulgarischen Spezialitäten zum Frühstück im „Restaurant“. Fünf Minuten später stand ich ziemlich ratlos vor dem sogenannten Buffet, was nur sollte ich hier essen, ohne eine Lebensmittelvergiftung zu bekommen? Was das angeht, bin ich schon speziell und bin bei fehlender Hygiene im Lebensmittelbereich überaus skeptisch. Um mich nicht allein mit möglichen Salmonellen rumzuärgern, lockte ich die Schläfer unter Vortäuschung falscher Tatsachen („fürstlich gedecktes Frühstücksbuffet“) aus den Betten. Aber dieser Bericht beweist, wir haben es alle überlebt. Nach einer kleinen Tour durch Sofia hieß die nächste Etappe Belgrad. Der Plan, am Abend noch ein ein Spiel in Zentralserbien zu gucken, wurde bereits vor der serbischen Grenze verworfen. Mich störte es wenig und die anderen drei hatten ja in den letzten Tagen mehr als genug vernünftige Spiele gesehen. Für uns blieb daher etwas Zeit, an einigen Punkten auszusteigen und die Gegend etwas auf uns wirken zu lassen…..oder an einer Raststätte einfach die serbischen Kochkünste. Ich müsste schon etwas überlegen, wann ich jemals so gut und preiswert an einer ordinären Raststätte gegessen habe. Obwohl….damals….mit Stuttgart irgendwo bei Innsbruck. Da war sogar alles umsonst.



Ohne Stress und bei schönstem Wetter passierten wir am späten Nachmittag Belgrads Stadtgrenze, Zeit genug, mal etwas die Nase in die serbische Luft zu halten. Für die „Balkan-Profis“ ist das ja alles nichts mehr neues, aber für mich war es der erste Ausflug nach Serbien und Belgrad, da guckt man schon etwas genauer hin. Erster Anlaufpunkt: die Heimstätte von Zvezda und deren Fanshops. Die Jungs im offiziellen Fanshop müssen sich schon etwas doof vorkommen in ihrem leeren Laden, während im benachbarten Shop der Delje die Leute mit vollen Tüten rausstolpern. Und weil wir eh da waren, wurden gleich noch die zwei Tickets für das morgigen Spiel klar gemacht. Zumindest glaubten wir das. Aufmerksam wie Balle ist, fiel ihm natürlich der fehlende Barcode am zweiten Ticket auf. Die Trulla an der Kasse wurde selbstverständlich sofort auf dieses Manko angesprochen, sie war jedoch weder der deutschen noch der englischen Sprache mächtig und wir hatten unsere Probleme mit der serbischen Mundart. 





Etwas skeptisch zogen wir erst mal von dannen und checkten im Hotel ein. Das Ding war zwar etwas abgelegen, dafür aber umso hochwertiger. Hochwertig bzw. extravagant waren auch die Zimmer......zumindest für Pärchen. Mich macht es hingegen weniger an, Balle beim Duschen oder auf dem Klo vom Bett aus zu sehen, wie das umgekehrt ist, kann ich leider nicht beurteilen. Nachdem sich Micha und Robert über dieses Manko in unserem Zimmer amüsiert hatten, bezogen sie das ihrige und stellten selbiges in ihrer Unterkunft fest. Die hübsche Dame an der Rezeption hatte es durchaus gut mit uns gemeint als sie uns von „Economy“ auf „Superior-Zimmer“ verlegt hatte. Leider konnten wir sie nicht überreden, uns zu zeigen, wie die Dinger funktionieren. Nach all dem Gelächter konnten endlich mal ein paar Hülsen geleert und mit viel Überredungskunst auch Balle zu einem Ausflug in die Innenstadt überredet werden („Ich hab' nichts zum anziehen“; „ich stinke...“ ) . Kurze Zeit später saßen wir schon mit ein paar Sankt Gallern in einer serbischen Kneipe, erfreuten uns an den Preisen und dem weiblichen „Inventar“. Balles Balzverhalten („ Hey!“) zog leider nicht wie erwartet, auch nicht, als er anfing, sich rhythmisch zur Musik zu bewegen. Und seine neue Tinder-Bekanntschaft aus Novi Sad wollte ihm auch nicht glauben, dass er Flugzeugingenieur ist, das ganze war so frustrierend, dass wir glatt vergaßen, beim gehen die Rechnung zu zahlen. Gott sei Dank hatten wir noch ein paar finanzstarke Kumpels in der Kneipe sitzen, die sich um die Sache kümmern konnten. Pardon Jungs...war natürlich keine Absicht. Da ich mittlerweile schon ganz schön einen sitzen hatte, wählten wir (ok, Balle wollte eigentlich gern noch weiter machen und war reichlich enttäuscht) nach einem letzten Getränk den Rückzug. Die Warnungen unseres Taxifahrers von der Hinfahrt („ Don`t take these Taxis....you will pay much more“) ausschlagend, wählten wir natürlich das erstbeste Taxi. Mit seinem sportlichen Kurzhaarschnitt und den Joggingklamotten sah der Fahrer auch nicht viel unseriöser aus als die anderen Jungs. Statt 6 Euro wie bei der Hinfahrt, zahlten wir für unsere Menschenkenntnis knapp 30 Euro. Konnten aber immerhin im Taxi qualmen und nochmal Bier holen. Wer hat der kann.... 

Sonnabendvormittag stand im Zeichen des Tourismus. Sehenswürdigkeiten anglotzen, Bilder machen, nachdenklich gucken, Bilder machen beim nachdenklich gucken und essen/trinken. Konkret wurde zunächst die Festung von Belgrad angesteuert. Über dem Flussdelta von Save und Donau gelegen bietet sie dem Besucher einen schönen Blick auf die beiden genannten Flüsse, sowie weite Teile der Stadt. Wenn ich richtig informiert bin, sieht man von da oben hauptsächlich auf die Belgrader Stadteile Novi Beograd und Zemun. Wer etwas Zeit hat, sollte da ruhig mal hoch. Bei schönem Wetter (hatten wir), kann man sich zusätzlich in das Café auf der Burg setzen und den serbischen Schönheiten hinterher gucken (konnten wir nicht, Café war voll). Alles haben wir leider nicht gesehen, der Hunger trieb uns in die Innenstadt. Ich werde hier aber sicher nochmal herkommen und mir den gesamten Bau mit etwas mehr Zeit und Hintergrundwissen ansehen. Die Stadt ist eigentlich viel zu interessant, um sie mit ein paar Stündchen auf der Burg und in den Biergärten abzutun. Die Haupteinkaufsstraße unterscheidet sich aus meiner Sicht wenig von denen im westlichen Europa, alles gepflegt und mit diversen Modeketten wie sie bei uns das Stadtbild verschandeln. Gut, diverse Gebäude haben schon ziemlichen Ostblockflair wenn man mal noch oben guckt, was die Sache aber eigentlich noch interessanter macht. Unweit der Stelle, an der 2009 der Toulouse Fan Brice Taton ums Leben kam, machten wir es uns in einem etwas gehobeneren Restaurant gemütlich und genossen Speis und Trank zu angenehmen Preisen. Angenehm waren auch diverse Hühner, die in das benachbarte Brautmodengeschäft strömten. Die Singels unter uns stocherten aber lieber in ihren Cevapcici rum anstatt die Brautjungfern anzugraben und später in ihnen rumzustochern. Mindestens ein Mitglied aus unser Reisegruppe hätte dies bitter nötig gehabt.



Nach einem anschließenden Spaziergang und Biergartenbesuch sollte es dann aber endlich zum Stadion gehen.Die Polizeipräsenz nahm mit der Nähe zum Stadion sichtlich und fühlbar zu. Entlang der Straße wurden wir (wenn ich mich recht erinnere) sogar zweimal von den Cops auf diverses Werkzeug kontrolliert. Circa einen Kilometer vor Zvezdas Heimat dann auf einmal kompletter Stillstand. Die Straßenbahnen standen in Reihe, die Insassen auf der Straße und beobachteten das Treiben hinter den Vasallen der serbischen Regierung. Glückspilze wie wir sie nun mal sind, wurden wir Zeuge der Ankunft der Gäste. Auf unser Seite der Polizeisperre wurde es indes ziemlich hektisch. Wer da wem an die Gurgel wollte war nicht so richtig erkennbar. Ob nun Cvezda-Leute untereinander, gegen Partizan oder gegen die Bullen. Als dann letzten endlich diverse Gegenstände und 1-2 Fackeln auf die Bullen flogen, wurde es den Jungs zu bunt und sie setzten zum Gegenangriff an. Unsere Neugier trieb uns dummerweise ziemlich weit nach vorn, was um ein Haar fast zu diversen Beulen durch serbische Gummiknüppel geführt hätte. Eigentlich nichts Wildes, aber auf staatliche Obhut durch Missverständnisse hatte ich wenig Lust. Kurz danach signalisierten uns die Bullen durch freundliches Schwingen ihrer Knüppel, dass wir nun endlich weiter gehen konnten. Ein paar Meter weiter stand wiederum ein Bus mit Partizan-Leuten inmitten des Feindes, weil es mittlerweile so furchtbar warm war, hatten diese ganz unkonventionell ihre Scheiben geöffnet.....oder öffnen lassen. Das war Fußball wie ich ihn mir vorstelle... 


Für mich als England-Fahrer wirkten die finsteren Gestalten rund um die Hütte von Roter Stern schon ziemlich beeindruckend. Ich weiß nicht, ob es „Belgrad Routiniers“ auch noch so geht, aber ich hatte dort schon ein gehörigen Respekt. Während sich Micha und Robert am Presseeingang von uns für die nächsten 2 ½ Stunden verabschiedeten, machten sich Balle und meine Wenigkeit mit einem unguten Gefühl auf zum Haupteingang. Die Sache mit dem fehlenden Barcode machte uns irgendwie Sorgen. Der Plan, die beiden aneinanderhängenden Tickets vor den Augen des Ordners abzureißen und ihm damit zu zeigen das die Dinger zusammengehören, scheiterte leider am Horizont dieser armen Gestalt. Balle laberte von drinnen, ich von draußen auf die Pappnase ein. Irgendwann kam der Chefordner, unterstellte mir Betrug und warf mich wieder raus. Ich hätte kotzen können, das Spiel war nahezu ausverkauft und ich stand plötzlich ohne Ticket da. Also wieder zurück zu den Kassen. Gott sei Dank war da wenig los und ich fand schnell einen Verantwortlichen, welcher den englischen Sprache mächtig war. Wie sich heraus stellte, hatte die Trulla am Vortag einige Karten ohne Barcode verkauft und dachte das wäre so ok. Der Reaktion meines Ansprechpartners zufolge, war ich nicht der Erste mit einer Menge Wut im Bauch. Allerdings wurde alles schnell geklärt und zehn Minuten später stand ich mit einem neuen Ticket neben Balle im Stadion und wartete nun 1 ½ Stunden vor Anpfiff auf das, was da kommen möge. 



Die Ränge des Stadion Rajko Mitić füllten sich nur langsam, als mir die ersten Gesänge der Partizan-Anhänger im Gästeblock um die Ohren flogen. Zu diesem Zeitpunkt waren es maximal 1000-2000, die den Block bevölkerten, aber die Lautstärke machte Bock auf mehr. Circa 15 Minuten vor Beginn waren die Ränge überall brechend voll. Das hatte ich überhaupt nicht erwartet und Balle schien die, nun ziemlich beengte Situation an unseren Plätzen auch unheimlich zu nerven. Dann... Anpfiff. Endlich geht’s los. Für mich erfüllte sich mit dem Pfiff schon ein kleiner Traum. In der Kurve der Delje wurden roten Papen in die Luft gestreckt, ein Blick in den Gästebereich...nichts...Blick zurück...die Pappen werden durch Blinker unterstützt. Die Anordnung der Blinkbengalen sollte wohl das Wort „Delje“ erzeugen, konnte man aber auch erst später auf den Fotos erkennen. Nachdem die Delje ihr Intro über die Bühne gebracht hatten, zogen die Jungs im Gästebereich nach und zündeten einiges an schwarzem Rauch, unterlegt mit fliegenden Fackeln und ohrenbetäubenden Böllern; schon war das ein „nettes“Schauspiel. Die akustische Unterstützung von beiden Seiten fand ich ganz gut, wenn mir auch Partizan etwas besser gefallen hat (ohoh....wenn das Micha liest). Ein Problem bei der Bewertung der Stimmung sind wahrscheinlich die zu hohen Erwartungen. Schaut man sich Videos aus dem Innenraum an, haben die Gesänge eine wahnsinnige Lautstärke. Robert und Micha haben das ebenfalls bestätigt. Aber bei uns oben kamen die Gesänge während des gesamten Spiels leider nie so an, wie sie unsere Herren im Innenraum wahrgenommen haben. Die volle Hütte war der Akustik in diesem Falle nicht sonderlich zuträglich. Sicher, für jemanden, der das erste Mal auf dem Balkan war, ist das Jammern auf ganz hohem Niveau. In Zukunft werde ich mir im Vorfeld auch keine Videos mehr anschauen, das macht vieles kaputt. Nun gut, lassen wir das. Ich kann, drei Wochen nach diesem Spiel, gar nicht mehr wiedergeben, wann es wo gebrannt hat. Im Grunde brannte immer irgendwo eine Fackel, ein Schal, T-Shirts oder einfach nur Sitze. Bei den jeweiligen Toren wurde es entsprechend mehr. Sicher ist, ich habe noch nie ein Spiel mit dermaßen viel Pyrotechnik gesehen. Vor allem nicht über die Dauer von 90 Minuten. Wahnsinn. Sowohl bei Zvezdas Führungstreffer, als auch bei Partizans Ausgleich wurde dermaßen viel Zeug abgefackelt und Sitze auf das Feld gefeuert (Partizan), dass es bei uns wohl für die jeweiligen Vereine die nächsten zehn Jahre Geisterspiele gegeben hätte. Im großen und ganzen hat mir bei diesem Derby wirklich Partizan etwas besser gefallen. In deren Sektoren gab es immer was zu sehen, mal hauten sie sich gegenseitig auf die Mappe und ganz oft versuchten sie, die vielen kleinen Feuer im Block zu einem ganz großen werden zu lassen. Die Typen haben definitiv den größeren Dachschaden. In der nächsten „Republikflucht“ wird es sicher ein paar schöne Fotos dieses gestörten Haufens geben. Geflasht von dem gerade Erlebten, begann nach dem Spiel die mühsame Suche nach einem Taxi. Da unsere beiden Fotografen einige Fotos von der Keilerei der Partizani gemacht hatten und daraufhin verbal und non-verbal (fliegende Gegenstände) von den Protagonisten angefeindet wurden, hatte auch niemand Bock, den entsprechenden Leuten im Dunkel über den Weg zu laufen. Im Hellen eigentlich auch nicht. 




Unten am Kreisverkehr waren die Bullen bereits dabei wieder alles für den Rückweg der Gäste abzusperren und wir fanden tatsächlich ein Taxi. Ich persönlich war eh komplett KO, die anderen auch , also ging's schnurstracks zurück zum Hotel und zur Nahrungsaufnahme. Bei ein paar Getränken wurden das Spiel und die Fotos nochmal ausgewertet, eher es komplett im Arsch in die Koje ging. Letzten Endes haben wir wirklich ein richtig gutes Spiel (Abseits des Spielfelds) gesehen, wenn auch meine Erwartungshaltung ein bisschen was kaputt gemacht hat. Die ganze Stadt, die Leute, der Fußball und natürlich auch das Preisniveau haben allerdings Lust auf mehr gemacht. Sobald es geht, werde ich wieder kommen...
Doch erstmal ging es in Richtung Kroatien, der Bericht folgt. Versprochen!














Sonntag, 26. Februar 2017

Stockholm Wochenende - Herbst 2016

Mangels Attraktivität in den englischen Ligen , entschied sich unsere Reisegruppe, in der Hinrunde der Saison 16/17 für ein Wochenende in der schwedischen Hauptstadt. Nun sind die vier üblichen Verdächtigen aber immer furchtbar busy, was das Finden eines gemeinsamen Termins ungemein schwierig gestaltete. Als die Abwesenheit des Managers und des Anwalts traurige Gewissheit wurde, blieben also nur noch der Offenbacher und meine Wenigkeit übrig. Geeinigt wurde sich somit relativ zügig auf das Derby-Wochenende von Hammarby vs. Djurgarden im Oktober. Wir wären aber nicht wir, wenn nun alles geklappt hätte. Nicht einmal 15 min. nachdem mit dem Eintippen des dreistelligen Sicherheitscodes die Bezahlung bei Scandinavian Airlines bestätigt wurde, blinkte mein Mobiltelefon schon wieder und deutete eine Nachricht meines Begleiters an. Nun, was soll ich sagen. Überaus unprofessionell hatte ich mich am Spielplan auf der "Kicker"-Homepage orientiert und vollkommen vergessen, die des schwedischen Verbands zur Bestätigung in Erwägung zu ziehen. Der Offenbacher signalisierte daher mittels einer (unter Erregung eingetippten) Kurzmitteilung, dass mir da ein Fehler unterlaufen sei. Langer Rede kurzer Sinn: Statt wie gedacht am Sonntagabend, war die Partie am Montagabend angesetzt. Und damit ca. vier Stunden nach unserem Abflug zu Deutschlands größtem Flughafen. Alternativen waren jedoch schnell gefunden, wenn auch nicht von vergleichbarer Qualität. 

Am Freitag den 14.10. hob die Maschine also mit zwei trinkfreudigen Gesellen an Bord ab nach Stockholm. Der Plan, sich bereits im Flieger auf ein gewisses Basislevel zu bringen, wurde jedoch von den knausrigen Gesellen von SAS vereitelt. Wenn man nur noch sieht, wie lang der Bus vom Flughafen Arlanda zum Hauptbahnhof gebraucht hat, hätte ich auch mit RyanAir zu diesem Airport im Nirgendwo fliegen können. SAS finden wir also scheiße! Unsere Unterkunft sollte für die nächsten drei Nächte ein Hotel-Schiff am Nordufer Södermalms sein (wie schon bei meinem letzten Schwedenaufenthalt in Göteborg sieben Jahre zuvor). Viel Komfort war nicht geboten, aber die schnuckelige Kneipe an Bord dieser Nussschale wusste zu gefallen und wurde umgehend nach dem Check-In von uns belagert. Nach den ersten vier Bier und dem obligatorischen Gemaule über die unverschämten Preise, wurden wir auf Touri-Infos an der Tür aufmerksam, bei denen auch eine Kneipen Straße namens "Götgatan" in unserer unmittelbaren Umgebung beworben wurde. Es war eine Frage der Ehre, dass wir jenem Strich der Gastwirte einen Besuch abstatten. Vom Schmollen wird‘s auch nicht billiger und wozu gehen wir denn arbeiten?! Kurzum, der Abend gestaltete sich sehr unterhaltsam und auch mit den Schweden kam man sehr schnell ins Gerede, leider verstanden wir unsere Worte mit zunehmender Stunde selbst nicht mehr so ganz und zogen um Mitternacht und mit reichlich Schlagseite zurück in unsere Kojen.

Als die Sonne endlich wieder unser Zimmer erhellte, hatten wir natürlich ein paar Anlaufschwierigkeiten. Hunger, Durst und die Neugierde trieben uns dennoch vor die Tür. Schließlich galt es, die Stockholmer Innenstadt zu entdecken. Ich war zwar schon einmal hier, aber es ist doch etwas anderes ob man mit `nem Kumpel oder mit der Perle eine Stadt besucht. Folglich wurden immer mal wieder Etablissements mit Zapfhähnen aufgesucht und den schwedischen Schönheiten hinterher gegafft. Ich glaube, die Frauen in Schweden sind nun nicht unbedingt schöner als die Deutschen, aber die Art und Weise wie sich kleiden hat schon eine gewisse Klasse, die das Bild der begehrten Skandinavierinnen abrundet. Wir hatten es also nicht besonders eilig und lebten etwas in den Tag hinein. Erst am späten Nachmittag stand ein fester Programmpunkt auf unserer Agenda. Unweit der neuen Heimstätte von Hammarby, wo die Kollegen aus Köpenick 2 ½ Jahre zuvor noch mit den Wikingern auf dem Platz kämpften, sollte im „Hovet“ der Puck über das Eis gleiten. 

Sonnabend 15.10.2016 Djurgarden IF vs Örebro HK (Eishockey) 0:3 

Nach etwas Recherche im Internet schien uns die Partie Djurgarden vs. Örebro eine schöne Alternative zu Kneipen- und Stadtbummel zu sein. Zumal sich beim Eishockey doch hin und wieder ganz ordentliche Haufen zusammenfinden und für Stimmung sorgen. Ich habe nicht sonderlich viel Ahnung vom Eishockey, aber da ich ja einen Fachmann neben mir hatte, war dieses und jenes doch ganz interessant. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig finde ich die Trink-„Kultur“ (oder eher Regularien) der Schweden. In England darf ja auch nicht am Platz getrunken werden, aber hier steckt man die „Säufer“ zusätzlich in einen gänzlich abgetrennten Bereich. Ähnliches ist mir schon bei einem Konzert in Stockholm ein paar Jahre zuvor aufgefallen. Der Sinn bleibt mir ehrlich gesagt etwas verschlossen. Einen Vergleich zu England muss ich dennoch bringen. Während im UK wirklich auf alles (und gerade auf Verbote) zig mal und unter Androhung von Strafen hingewiesen wird, findet man hier einfach gar nichts. Trinken auf öffentlichen Plätzen bzw. auf der Straße? Null Verbotsschilder, aber man sieht auch niemanden der es macht. Außer zweier unwissender Teutonen. Zum Spiel: Beim Eishockey ist ja schon `ne Menge Show dabei. Riesen Licht-Show, Feuerwerk auf dem Eis usw. Drama – Drama - Drama. Man hätte meinen können, es geht um die Meisterschaft, als das Licht dann aber wieder anging und den Blick auf den Rest der Halle freigab, war die Hoffnung auf ein Stimmungsfeuerwerk wie weggeblasen. Gesänge und Schlachtrufe waren eher sporadisch zu vernehmen und wurden auch nur selten vom Rest des Publikums mitgetragen. Der Vorteil einer eher spärlich gefüllten Arena macht sich jedoch in der Beinfreiheit bemerkbar. Da hatten wir mit unseren Plätzen schon wirklich Schwein. Gute Sicht aufs Eis und die Kurve, und ganz nebenbei konnte man da schön rumlümmeln. Ein vernünftiges Bier wäre was tolles gewesen…. lassen wir das. Auf dem Eis sorgten die Hausherren leider auch nicht dafür, die Unterstützung durch ihren Anhang zu heben. Dreimal klingelte es im Tor von Djurgarden. Dafür hörte man den kleinen Haufen der Gäste aus dem 200 km entfernten Örebro zum Ende hin immer mal wieder. Mehr gibt es von dieser Partie leider nicht zu erzählen. Wenn man mal da ist und nichts anderes anliegt, kann man sich Eishockey schon mal geben. Wirklich interessant wird es vermutlich eh erst in den Playoffs. Diese Vermutung lassen zumindest die Videos im Internet zu. 

Im Anschluss an das Spiel gönnten wir uns in der Stockholmer Altstadt (Gamla Stan) erstmal ein teures Abendmahl, das sich als gar nicht mal so gut herausstellte. Die Getränke in den zahlreichen Pubs in der engen Gassen waren auch nicht teurer oder billiger als in der Kneipenstraße Götgatan, daher verbrachten wir hier auch noch ein paar Stunden bei Bier, Weib und brennendem Frauenhaar. So geschah es, dass eine junge Frau etwas zu nahe an unseren (sehr hohen) Tisch kam und ihr langes Kopfkleid zu nah an die darauf befindliche Kerze. Dank der Reaktion ihres männlichen Begleiters blieb ihr jedoch der Spitzname „Niki Lauda“ erspart. Ein Ami, der das Ganze beobachte, quatschte die Alte mit einem trockenen „ Oh Baby, you`re on fire!“ an. Das anschließende Gelächter in der Pinte baute die junge Frau vermutlich nicht gerade auf. Wir zogen es dann aber vor, die Kneipen in Götgatan zu vervollständigen und sollten das, laut unseren Kreditkartenabrechnungen, auch geschafft haben. Apropos, die Schweden sind auf dem besten Wege, das Bargeld komplett abzuschaffen. Daher empfiehlt es sich, unbedingt eine Geldkarte mit sich zu führen. Beim Eishockey wurde ich beispielweise ziemlich blöde angeguckt als ich mit Bargeld zahlen wollte. Keine Chance.


16.Oktober 2016 AIK Solna vs Östersunds FK 2:0 

Glücklicherweise haben die meisten Hauptstädte Europas gleich mehrere große und kleine Vereine zu bieten, die es zu besuchen lohnt. Da wir ja das Derby erfolgreich verkackt hatten, musste nun eben die Truppe aus dem Stockholmer Stadteil Solna herhalten. Mir fehlt ehrlich gesagt etwas die Kenntnis, wie genau in Stockholm die Kräfteverhältnisse verteilt sind, aber anhand der zahlreichen Videos und Berichte in diversen Fanzines usw. hatte ich auf jeden Fall den Eindruck, dass AIK in Sachen Krawall eine Spitzenposition einnimmt. Und was anderes wollen wir ja eh nicht sehen. Selbstverständlich hatten wir nicht mit irgendwelchen Entgleisungen der AIK Szene gegen solch namenhafte Gegner wie Östersunds FK gerechnet, sehen wollten wir das Spiel trotzdem. Die Fahrt raus nach Solna dauert etwa 10 Min. ab Stockholm Central. Auf dem Weg zur "Friends Arena" muss man, strategisch clever, durch eine riesige Shopping Mall. Wir nutzten dieses Einkaufszentrum eher für ein/zwei Getränke. Denn viel gab es sonst nicht in dieser Gegend. Ähnlich wie am neuen Hammarby/Djurgarden Ground, besteht in Solna alles aus charakterlosen Neubauten zum Wohnen und Konsumieren. Grauenhaft! Es wurmt mich schon etwas, nicht schon früher hier gewesen zu sein und Spiele von AIK im alten Rasunda und der beiden anderen Stockholmer Vereine in ihrer alten Heimstätte gesehen zu haben. Für die Fans der Vereine muss das ebenfalls bitter sein. Dennoch kann ich nicht leugnen, dass uns der Komfort und die weichen Sitzen auf der Haupttribüne irgendwie gefallen haben. 35 Euro kostete der Luxus. Wenn man sieht, was man in Deutschland für das Geld bekommt (nichts), ist das schon eine nette Sache. Ebenso wie Kuchen und Kaffee, die in der HZ-Pause in den edlen Katakomben des Stadion gratis zur Verfügung stehen. Ich dachte zunächst wirklich, wie wären im VIP-Bereich, aber der sah noch einmal ein Stück edler aus. Besonders überzeugen konnte die Bar, wenn auch die Preise....naja...Schweden halt. Wir beließen es bei Kaffee und Kuchen. Auf den Rängen war auch eher Kaffee und Kuchen Atmosphäre angesagt. Der Ultra-Pöbel sang zwar seine 90 Minuten durch, aber im Grunde hätten das auch das emotionslose Gejaule aus Reutlingen sein können. Melodien und Gesängen waren selten neu. Die Mitmachquote war auch eher bescheiden. Und kälter als beim Eishockey war es auch. Nur bei den zwei Toren bekamen wir einen kleinen Vorgeschmack, was für Potential in der Kurve steckt. Also wie überall. Derbys hui, Ligaalltag pfui. Einen rein sportlichen Aspekt lasse ich, wie immer, einfach außen vor. Oder interessiert das hier gerade wirklich jemanden? Auf dem Rückweg in die City wurden wir an der Station Solna noch Zeuge, wie kurz die Zündschnur bei einigen jungen Schweden zu sein scheint. Zunächst dachten wir, die Hausherren hätten ein paar Gäste am Schlawittchen, aber stattdessen waren es die Kontrolleure der lokalen Verkehrsbetriebe, die wenig Verständnis für die Erschleichung von Dienstleistungen der jungen schwedischen Problemfälle hatten. Viel Geschubse, viel Gebrüll....tja, das war die einzige Action die wir an dem Wochenende hatten.



Zum Abschluss trotzten wir noch einmal dem frechen Preisniveau und hauten uns beim "Wikinger" (sollte mir der Name irgendwann wieder einfallen, reiche ich ihn nach) in Gamla Stan den Bauch voll. Die Lokalität war wirklich empfehlenswert. Auch wenn es ein ziemlicher Touri-Nepp ist. Who cares?! Mit vollem Bauch und Büchsenbier im Beutel machten wir es uns nochmal im Hinterzimmer unserer Hotel Bar gemütlich, ehe es völlig verarmt und müde zurück in die Kiste ging. Im Großen und Ganzen ist Stockholm schon eine sehr geile Stadt, wenn auch die Preisgestaltung der Skandinavier etwas auf die Spaßbremse drückt. Vergisst man das einfach mal für einen Moment (was nach dem fünften Bier und durch die Bezahlung mit Visa/EC-Karte zunehmend leichter fällt), kann man hier schon ordentlich den Elch fliegen lassen. 

Die Stadt sieht mich wieder...




Sonntag, 22. Januar 2017

31.07.2016 1.FC LOK Leipzig vs BSG Energie Cottbus 1:1

LOK Leipzig gegen Energie Cottbus. Ein Duell das eigentlich mindestens auf Ebene der 2. Bundesliga stattfinden sollte. Genau in dieser Spielklasse fand auch das letzte Aufeinandertreffen der beiden Profimannschaften am 20.02.1998 in Leipzig statt. Wenn ich den Geschichten unserer „Alten“ glauben schenken darf, dann drehten die erlebnisorientierten Herren rund um die „Spreewaldkanaken“ sogar ziemlich am Rad beim VfB Leipzig. Nach dieser Saison ging es für die Mannen aus Probstheida stetig bergab, während es für Energie (nach einem knapp vereitelten Abstieg in der Folgesaison) für die nächsten Jahre steil bergauf ging und das Kräfteverhältnis im Osten ordentlich auf den Kopf stellte. Aufeinandertreffen gab es von nun an nur noch durch unsere Amateure. Eines dieser Spiele hatte auch meinen ersten wirklich relevanten Ärger mit der Exekutive zur Folge. Jugendsünden eben. Während Energie 2004 nach 3 Jahren Bundesliga in der zweithöchsten Spielklasse um den Wiederaufstieg kämpfte, wurde der VfB Leipzig im Sommer 2004 aufgelöst. Noch im selben Sommer wurde zwar der Verein Lokomotive Leipzig neugegründet, aber hätte uns damals jemand erzählt, dass die beiden Vereine knapp 12 Jahre Jahre später wieder im Ligabetrieb aufeinandertreffen, hätte man ihm vermutlich einen psychischen Schaden diagnostiziert. Das soll nicht heißen, dass den Lokis niemand zugetraut hätte, jemals wieder in den ersten vier Ligen mitspielen zu können, nur hat in Cottbus keiner damit gerechnet, dass wir den Lokisten bis in die vierte Liga entgegen kommen. 

Nun, 2016 war es dann aber tatsächlich soweit. Wir mussten/durften wieder nach Leipzig. Da ich Reisen in die Heimat bzw. in den Osten gern mit etwas verbinde, damit sich die lange Fahrt auch lohnt, wurde Tags zuvor die Hauptstadt (und damit auch die Giraffe) mit meiner Anwesenheit gequält. Der Plan, noch nach Köpenick zum Testspiel gegen Utrecht zu eiern, wurde just in dem Moment verworfen, als ich vom Schienenersatzverkehr an der Warschauer Brücke erfuhr. Meine Motivation, sich bei der Hitze in einen vollen Bus in den Berliner Südosten zu setzen, war eher gering. Wie es der Zufall so will, fand aber am RAW Geländer um die Ecke die „Berlin Beer Week“ mit Gästen aus Cottbus statt. Tja, es gibt wahrhaftig schlimmere Alternativen zum Fußball. Der Hitze war natürlich vollkommen egal, da ich mir die Biere rein hauen wollte, daher hatte ich relativ zügig ordentlich einen an der Lampe. Der Giraffe fiel indes nichts besseres ein, als mich unter dem Vorwand „ wir essen noch schnell einen Döner“ und „ist gar nicht weit bis in die Rigaer“ mit einem nie enden wollenden Fußmarsch durch Friedrichshain den Abbau der giftigen Substanzen in meinem Körper anzuregen. Irgendwann hatte er ein Einsehen und bestieg mit mir zusammen die Bahn. Jetzt versucht mal mit 2,8 im Kessel, einem Döner in der Linken und ein Bier in der Rechten in einer Bahn zu stehen. Naja, lassen wir das… 

Gezeichnet vom Vorabend enterten wir also am Sonntagmorgen den InterCity in die Messestadt an der Pleiße. Die Giraffe gab sich während der Fahrt betont motiviert was den Alkoholkonsum anging, bei mir war jedoch nicht allzu viel zu holen und so winkte ich eher gleichgültig ab und gönnte dem langen Elend seine Flasche Radler und seine 70 Minuten Ruhm. In Leipzig staunten wir dann nicht schlecht über den Pöbel, der dort schon rund um den Hbf unterwegs war. Überhaupt war an dem Tag zum Teil ziemlich grobes Volk aus Leipzig und Halle auf den Beinen. Zwar pflegt man gegenüber LOK eher ein neutrales Verhältnis, aber deren Kumpels aus Halle finden uns absolut nicht „dufte“ und daher war etwas Vorsicht angeraten. In einer Kneipe am Völkerschlachtdenkmal fanden wir dann aber trotzdem ein ruhiges Plätzchen, um uns mit weiteren „alten“ Freunden aus der Heimat auf ein paar Biere zu treffen. Mittlerweile schmeckte es wieder. In Sichtweite zogen währenddessen immer mal wieder kleine Gruppen LOKis am Lokal vorbei, die in unser Runde immer mal wieder für ein anerkennendes Nicken sorgten. Wie gesagt…grobes Völkchen die LOKISTEN. Nach einem kleinen Umweg unserer Taxifahrerin vor den Haupteingang des Bruno-Plache Stadions („ Ey, das ist 'ne ganz schlechte Idee uns hier raus zu lassen!“), schafften wir es trotzdem pünktlich ins Stadion, doch beim Blick auf die Schlange am Getränkestand (wo es eh nur Alkoholfreies gab) sehnten sich ein paar Herren aus unseren Reihen doch wieder nach dem netten Biergarten am Völkerschlachtdenkmal. Aber wir sollten es überleben. 



Der Blick durch das „volle“ Rund ließ den Biergarten jedoch schnell vergessen. Es ist zwar immer etwas merkwürdig von einem „vollem Haus“ zu sprechen wenn geschätzt 40-50 % des Stadions aus Sicherheits-/ baulichen Gründen gesperrt sind, aber trotz alledem machte die Hütte und das Heimpublikum schon ordentlich was her. Dermaßen abgefuckte Stadien sucht man ja mittlerweile fast schon vergebens in den ersten vier Ligen. DAS war wirklich Fußball wie ich ihn mag. Schade, dass man dafür erst in die vierte Liga absteigen muss. Wie ihr seht, habe ich mir ja einiges an Zeit gelassen, diesen Bericht zu verfassen, daher fällt es mir auch sehr schwer, die erlebten 90 Minuten irgendwie zu rekapitulieren. Der Anfangs gut aufgelegte Gästeblock wurde (meiner Erinnerung nach) im Verlauf des Spiels leider auch Opfer der Temperaturen und konnte trotz anfänglicher Führung nur bedingt für ordentlich Stimmung sorgen. Bei LOK sah es im Grunde ähnlich aus. Wobei das Liedgut auf Seiten der Leipziger dominiert wurde durch „ der FC LOK ist wieder da….“ . Hätten wir auch singen können, nur freut sich keiner darüber. Besonders imposant war hingegen der Torjubel nach Leipzigs Ausgleichstreffer und das Zusammenspiel zwischen Anhang und Stadionsprecher beim berühmten „Danke-Bitte“-Spiel und dieses brachiale „L-O-K“, das dieser Ansage folgte. Wahnsinn. Da guckte nicht nur Jugendfreund Titte ziemlich begeistert in die Röhre… „Alter, was war denn das gerade?!“ Mit einem Unentschieden gegen einen Aufsteiger (als Absteiger aus der 3.Liga fühlt man sich halt immer noch als was besseres) traten wir also den Rückweg über die endlosen Felder hinter dem Stadion an. Das Theater, das die Bullen hier veranstalteten, glich schon etwa jenem in Magdeburg. Ich glaube, gut 30 Minuten sind wir sicher gelaufen bis zu den Bussen. Nur um dann dort nochmals gut eine halbe Stunde in den Bussen zu warten bis es endlich los gehen konnte. Die meisten schauten schon nervös auf die Uhr wegen der Abfahrtszeiten ihrer Züge, als der Einsatzleiter durchgab, man würde nicht wie geplant den Hauptbahnhof, sondern Leipzig Thekla ansteuern. Da der Bahn auf dem Streckenabschnitt zwischen Hbf und Thekla was ganz dummes passiert sein musste. So fuhren diese drei Busse also wieder gut 30-40 Minuten an Leipzigs Stadtgrenze entlang, um die Gäste endlich loszuwerden. Alles reden bezüglich des Zielpunkts dieser Busse half nichts. In Thekla teilten uns die Jungs im grünen Gewand dann mit, dass die Leute, die nicht nach CB müssen, mit dem Bus noch zum Hbf gefahren werden. Als dann wiederum 1 ½ Busbesatzungen diese Option wählten, merkten auch endlich die Cops, was sie da eigentlich für einen sinnlosen Zirkus veranstaltet hatten. Wir halten also fest: Statt die 3 Stunden bis zur Abfahrt unseres Züge (keiner aus meiner Runde musste auch nur ansatzweise in Richtung Cottbus) gemütlich im Biergarten zu verbringen, verbrachten wir die Zeit bei bestem Sommerwetter in den Bussen der Leipziger Verkehrsbetriebe. Danke Merkel!



Montag, 2. Januar 2017

26.06.2016 EM 2016 / Deutschland vs Slowakei 3:0

Um die folgende Zeilen einzutippen, musste ich mir erst einmal eine halbe Flasche Whisky genehmigen. Anders hätte ich meinen vor Ekstase zitternden Körper gar nicht mehr zu Ruhe bekommen. Dermaßen geflasht von der unvergleichbaren Atmosphäre in einem Stadion kam ich zuletzt nur vom Kracher Saar 05 vs. Elversberg nach Hause. Da brauchte ich wirklich eine Woche, um mich von diesem „Schock“ zu erholen.
Das Drama nahm am Donnerstag vor dem Spiel seinen Anfang. Ein guter Freund und Anhänger des mächtigen SV Waldhof (nennen wir ihn den „Architekten“) sendete mir einen Screenshot von der Seite der UEFA, auf der etwas von vier Tickets für das Achtelfinalspiel der Deutschen in Lille zu erkennen war. Toll, dachte ich mir. Angeber kann keiner leiden. Als er mich dann aber darüber informierte, meinen strategische wichtigen Wohnort als ersten Stopp der Tour zu nutzen und von dort Gebrauch meiner Ortskenntnisse machen zu wollen, war klar, worauf der gute Mann hinaus wollte. Langer Rede, kurzer Sinn….er wollte diesen Fehlkauf an mich verhökern. Blauäugig wie ich bin, sagte ich natürlich zu. Riesen Bock auf den ganzen Europameisterschaftsscheiss hatte ich im Grunde keinen. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, irgendwo im Ausland mal wieder mit den Kumpels einen zu heben, kann ich schlecht Nein sagen. Sonntagmorgens um halb zehn standen die Herren aus dem Raum Mannheim fast pünktlich vor meiner dauerhaften Unterkunft und insbesondere der „Architekt“ konnte es sich nicht nehmen lassen, den ein oder anderen Kalauer zu meiner Wahlheimat zum Besten zu geben. Euer Schreiberling lotste die gefährliche menschliche Fracht indes ohne „Feindkontakt“ über die Grenze und knapp 3 Stunden später konnten wir unser Vehikel auf einem Supermarktparkplatz unweit des Stadions abstellen. Nachdem auch die Karten abgeholt waren, konnte sich die feine Reisegesellschaft in die Innenstadt begeben. Doch zunächst sorgten die Herren der lokalen Verkehrsbetriebe für reichlich Unmut, wollte man den armen Teutonen (und auch Slowaken) doch tatsächlich auch noch Kohle aus der Tasche ziehen, um den ÖPNV zu nutzen. Nun, grundsätzlich ist es sicherlich selbstverständlich, dass diese Dienstleistung auch entlohnt wird. Nur unter dem Gesichtspunkt der frechen Eintrittspreise und wenn man daran denkt, wie die Sache in Deutschland (bei den meisten höherklassigen Vereinen ) gehandhabt wird, bekomme ich schon schlechte Laune. Diese Leistung sollte ja nun wirklich inklusive sein.
Am Hauptbahnhof von Lille war erwartungsgemäß alles voll mit Deutschen und relativ schnell war uns klar, warum wir Länderspielen so lang fern geblieben sind. Wenn der Treffpunkt der vermeintlichen deutschen „Härtefälle” durch eine Osnabrück Fahne „ausgeschildert” wird, läuft irgendetwas ganz gewaltig schief. Danke Merkel! Auch sonst ein ziemlich hohes Dulli-Potential unterwegs. Die kurze Distanz zum Vaterland ermöglichte es einigen Hottentotten, den Malle-Urlaub nach Frankreich zu verlegen. Als der berühmte Simonesi aber auf einmal vor mir stand, war all der Ärger und die frechen Bierpreise ruck, zuck vergessen und wir konnten uns den schönen Seiten des Lebens hingeben. Da aber nicht so ganz geklärt war, wie die Rückfahrt aufgeteilt wird unter den vier potentiellen Fahrern, war Genuss mit Handbremse angesagt. Naja, zumindest für die anderen Drei! Circa 1 ½ Stunden vor dem Anpfiff wurde dann eher widerwillig der Weg zum Stadion angetreten, ich wäre (auch wegen der besagten Dullies) lieber in der Kneipe geblieben. Im Nachhinein wäre es auch die bessere Entscheidung gewesen. Aber schließlich war ja EM. Den Organisatoren dieses Turniers bzw. an diesem Spielort war das offenbar neu. Wie man dermaßen unvorbereitet auf diese Menschenmassen ein Europameisterschaftsspiel austragen kann/darf, ist für mich vollkommen unverständlich. Die Lage an den Eingängen für unsere Sektoren war mehr als kritisch. Von allen Seiten nur Gedränge und Geschubse. Zarte Persönlichkeiten oder Kinder hätten hier arge Probleme bekommen. Hätte eigentlich nur jemand mit einem Sprengstoffgürtel gefehlt. Ist ja in Frankreich mittlerweile auch „en vogue”. Glücklicherweise passierte aber nichts und während drinnen die Nationalhymne geträllert wurde, fummelte mir noch ein Franzose in den Taschen rum. Auch noch den Anstoß verpasst (sollte mir im Jahr 2016 noch häufiger passieren). Meine drei Gefährten hatten derweil schon die Plätze eingenommen und insbesondere der „Architekt” hatte mit zwei Belgiern (in Deutschlandtrikots) in der Reihe vor uns seine Feindbilder für die nächsten 90 Minuten gefunden. Hat ziemlich lang gedauert, bis sie ihn endlich als Autoritätsperson wahrgenommen hatten und von ihrem Sitzplatz Gebrauch machten. Der eigentliche Grund unseres Erscheinens, die Partie Deutschland vs. Slowakei, war indes ein wahres Trauerspiel. Nun, der normale Zuschauer würde jetzt fragen : „Wieso? Die haben doch 3:0 gewonnen?!” Tja, das war es aber auch. Ich habe ja schon das ein oder andere stimmungsmäßige Trauerspiel gesehen (gerade in England), aber in Verbindung mit der Karnevalsverkleidung von 80 % der deutschen „Fans” war für mich ein Punkt erreicht, an dem ich absolut die Lust an diesem Sport verloren habe. Ich habe keine Ahnung, wie viele der 44300 Zuschauer aus Deutschland waren, ich schätze mindestens 60-70 %, aber Tatsache ist: So stelle ich mir die Heimspiele der Deutschen Nationalmannschaft vor. Trostlos, nur Idioten und absolut keine Atmosphäre. In der 60. Minute hatte ich den Kanal voll und den Weg nach draußen gewählt. Ein paar bekannte Unioner saßen schließlich auch noch vor den Toren in einer angrenzenden Kneipe und so hatte ich wenigstens etwas Gesellschaft, während meine Begleiter sich diesen Event bis zum Ende gaben.
Auf der Rückfahrt konnte ich mich wie erhofft vor dem Fahren drücken, weniger wegen meines Pegels, eher wurden meine Fähigkeiten als DJ benötigt. Und so kamen die drei Wessis in den Genuss einer gepflegten „Cottbusser Playlist”.... Irgendwann gegen 1 Uhr konnte ich meinen Haustürschlüssel wieder ins heimische Türschloss stecken, während meine Begleiter für die restlichen 1 ½ Stunden Fahrt leider ohne den sorbischen DJ auskommen mussten. Den nächsten Länderspiel Besuch überlege ich mir vorher zwei Mal!