Sonntag, 1. November 2015

24.10.2015 Sheffield United vs Millwall FC 1:2

So wie es am Vorabend auf den Tellern unserer übergewichtigen Bekanntschaften aussah, so fühlte sich am frühen Morgen dieses sonnigen Samstags auch der Manager. Wie schon mal gegessen und sehr ungesund. Ich kann mich schwer entscheiden, was nun schlimmer ist: die eigenen Kopfschmerzen oder die Geräusche vom Klo, die dein Zimmerkollege ablässt, während er die britischen „Delikatessen“ wieder in die Kanalisation von Manchester exportiert. Mein Verweis auf das schöne Wetter konnten ihn genau so wenig für den kommenden Tag begeistern wie die Aussicht auf ein leckeres englisches Frühstück. Aber es half alles nichts. Wir waren ja nicht zum Spaß hier. So schleppte der Manager seinen Kadaver doch die 50 m vom Hotel rüber in die Piccadilly Station und wartete gemeinsam mit dem Autor auf die beiden Kameraden aus OF und Münster, die ihrerseits komfortabel in einem Hostel mit etwa 12 anderen auf dem Zimmer nächtigten und mit germanischer Flatulenz für etwas frischen Wind in selbigen sorgten. Nun aber genug von den dunkelsten Seiten dieses Wochenendes… 



Leider verzichtete ich bei der Buchung unserer Zugtickets auf den Luxus der Sitzplatzreservierungen, was selbstverständlich in die Hose ging und uns 50 ruhelose Minuten bis nach Sheffield bescherte. Am Bahnhof fiel mir direkt der „Sheffield Tap“-Pub ins Auge (Ok, ich hatte vorher davon gelesen), da dieser auch ne kleine Brauerei drin hatte, mussten meine drei Begleiter wohl oder übel mit in den Schuppen. Aber auch sie werden zugeben, das sich ein Besuch darin wirklich lohnt. Ein sehr schöner Pub mitten in den alten Bahnhofshallen, der so gar nichts gemein hat mit den in Deutschland üblichen abartigen Kaschemmen an oder in Bahnhöfen. Der Manager sah mittlerweile noch viel bescheidener aus als die Pizza der Mädels am Freitagabend und lehnte entsprechend jegliche Offerten auf ein Bier ab. Da das Spiel bereits um 12 Uhr anfangen sollte, und wir ohnehin nicht mit viel Zeit gesegnet waren, machten wir uns nochmal auf zum Pub für die Auswärtsfans, welcher glücklicherweise nur auf der anderen Straßenseite auf seine Besucher wartete. Wobei „wartete“ der falsche Ausdruck ist, das Ding war um 11 Uhr bereits gerammelt voll. Wie auch schon bei Wolverhampton, trat Millwall mit einem sehr ansehnlichen Pöbel in Sheffield an ( Da war tatsächlich viel Pöbel dabei) . Erwähnenswert sind die immer freundlich agierenden Beamten der South Yorkshire Police. Im Gegensatz zu den ruppigen Ansagen und dem Verhalten, die die Bullen in Deutschland an den Tag legen, versuchen die Herren und Damen auf der Insel wenigstens, den Menschen den Respekt und die Höflichkeit zu erbringen, die sie von ihrem Gegenüber ebenfalls erwarten. So wurden die Leute alle freundlich darauf hingewiesen langsam auszutrinken, damit wir zehn Minuten später zum Stadion aufbrechen konnten. Klappte auch alles ganz gut. Dass die Yorkshire-Bullen die einzigen waren, die uns auf ihre gesetzlich verordnete Weise freundlich gesonnen zu sein schienen, zeigte sich nach knapp 10 Minuten Fußmarsch durch Sheffield. Es sollten etwa 20 Sheffield Lads gewesen sein, die auf einmal aus einer Paralellstraße auf sich aufmerksam machten und unsere Richtung einschlugen. Wild gestikulierend und pöbelnd drängten beiden Seiten aufeinander zu, wobei der Großteil des (circa 300 Mann starken) Millwall-Mobs noch gar nicht wirklich gecheckt hatte, warum der hintere Teil gar nicht weiterlaufen wollte. Zwar drängten die Coppers ihre lokalen Sorgenfälle zurück, doch ein Haus weiter standen sie schon wieder da und ballerten direkt mit einer Art Vogelschreck in den Haufen. Diesmal blieb es nicht nur beim Pöbeln. OB war in der Situation etwas mehr auf Zack und versuchte beiden Seiten zu trennen, die benachbarten Bauzäune waren jedoch nicht so standhaft wie die uniformierten Kollegen und mussten dem Druck der aufgeputschten Meute nachgeben. Mehr als Backpfeifen wurden aber auch nicht verteilt. Man sollte derartige Situationen eigentlich nicht mit deutschen Verhältnissen vergleichen, aber ich denke, in Deutschland hätte es entweder richtig gekracht oder die Bullen wahlweise die Angreifer festgenommen oder einfach den Gästehaufen, um diesen direkt wieder nach Hause zu schicken und später mit SV zu belegen. Im UK lassen es die Coppers einfach laufen, später werden die CCTV Filmchen ausgewertet und einen Tag später vermutlich einfach die Tür bei den jeweiligen Verdächtigen eingetreten. Der Rest unseres Weges wurde nur noch durch starken Regen gestört. 




Gerade als ich wirklich die Schnauze voll hatte, standen wir schon vor Uniteds Hütte. Hätte man uns nicht davor in die Blöcke gedrängt, wären wir vermutlich vorbei gelaufen. Nach Stadion sah das erstmal nicht aus. Was nun nicht negativ gemeint ist, ich finde ja Stadien mitten in der Stadt grundsätzlich irgendwie geiler. Von Innen entsprach der Ground genau unseren Vorstellungen von einem schönem Stadion. Steile Ränge, nah am Spielfeld, geschlossene Ecken und starke Akustik. Natürlich gibt es genug Neubauten, die diese „Eckdaten“ ebenfalls haben, allerdings fehlt ihnen definitiv der gewisse Reiz „Old School“. Leider schaffen es die wenigsten Fans in Großbritannien, die ihnen gegebenen Rahmenbedingungen optimal zu nutzen. Die Heimsupporter am allerwenigsten. Wahrscheinlich habe ich es schon in anderen Berichten oft genug geschrieben, aber überzeugt oder gar beeindruckt hat mich bisher nicht ein einziger Heimanhang auf der Insel. Wobei… Palace muss man schon erwähnen. Allerdings hatte das nichts mit englischen Support zu tun. Nun standen die Sheffield-Supporter auf der gegenüberliegenden Tribüne schon, entgegen allen englischen Stadionregularien, in einer größeren Gruppe zusammen und brachten trotzdem nichts zu Stande. Die Story mit den vielen verstreuten Kumpels zieht hier also auch nicht mehr.
Zum Glück gab es die Gäste aus Süd London, knapp 8 -900 sollten es gewesen sein ( etwa 1000 Karten gab es für Millwall), die wenigstens für etwas Atmosphäre sorgen konnten. Kein Ultra-Dauergesang und mega kreativ, dafür aber spielbezogen. Wo wir nun auch den Bogen zum Grund dieser Zusammenkunft geschlagen haben dürften. Grund für Freudengeschrei und erhöhten Lärmpegel hatte als erstes der Gästepöbel in der 30 Minute durch ein Tor von Aiden O`Brien. Sollten wir tatsächlich mal einen Sieg der Lions sehen? Zur 70. Spielminute lochte Sheffield erstmal zum Ausgleich ein und wir fanden uns bereits mit einer herannahenden Niederlage ab. Schließlich sind ja alle 4 Mitglieder unserer Reisegesellschaft ähnlich „verwöhnt“ durch ihre Heimatvereine in Münster, Offenbach oder gar Cottbus. Millwall schaffte es nun aber doch, dass Sheffields Torhüter den Ball ein zweites Mal aus seinem Tor holen musste und hielt diese Führung sogar bis zum Schlusspfiff. Verrückte Welt. 




Bedingt durch diesen Sieg und die Vorkommnisse beim Anmarsch, bewegten wir uns in freudiger Erwartung auf die Dinge die da kommen mögen zu den Ausgängen zur Bramall Lane. Zu unserer Linken hatte die Coppers die Straßen bereits mit speziellen Karren abgesperrt, die eine Art „Wand“ ausfahren können und so auch Sichtkontakt unmöglich machen. In den Seitenstraßen sah es ähnlich aus. Zur Hauptstraße hin vermischten sich die Fangruppen aber trotzdem immer mehr und mehr. Durch den Verzicht auf den ganzen Trikot- und Schal-Kram, fällt es aber sowieso sehr schwer, die Leute auseinanderzuhalten. Als neutraler Beobachter, ohne Kenntnis über die jeweilige Spielpaarung, ist es in England aber generell fast unmöglich, anhand von Fotos verschiedener „Kurven“ oder abziehenden Fanmassen heraus zu finden wer wer ist. Auf der Hauptstraße angekommen, mussten wir nur ein paar Meter laufen, bis es anfing zu unser Linken hektisch zu werden. Zwischen den Bäumen sah man erst nur etwas Gerenne, später wurde der Sheffield Mob für alle sichtbar. 70 – 80 Mann sollten es gewesen sein, die uns persönlich eine nette Heimfahrt wünschen wollten. Mit einem derartigen Mob hätten wir nicht gerechnet. Ziemlich motiviert war dieser United-Haufen definitiv. Auf dem Weg zum Bahnhof zeigten sie sich auch immer wieder in den Seitenstraßen und versuchten, an uns ran zu kommen. Irgendwie begleiteten uns permanent ein paar Späher, die auf der anderen Straßenseite laufend ständig den Gästepöbel beobachteten und am telefonieren waren. Sich aus dieser Eskorte abzusetzen, hätte also durchaus in die Hose gehen können. Am Bahnhof baute sich Sheffield nochmal etwas auf, konnte aber wegen des riesen Bullenaufgebots absolut nichts starten. An Gegnern hätte es seitens der Gäste sicherlich nicht gemangelt. Am Bahnhof wechselten wir die Fronten, stellten uns artig am Taxistand an und landeten selbstverständlich bei einem Pakistani im Taxi, der uns für 12 Pfund nicht nur eine kleine Stadttour durch Sheffield bot sondern uns auch zum zweiten Event des Tages brachte….






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen